3SAT
Schweizer Produzentin kippt kritische Stimme aus einem Dokumentarfilm über Jolanda Spiess-Hegglin

Die Rohfassung des Films enthielt Aussagen der Journalistin Michèle Binswanger. In der Endfassung wurden sie dann aber nicht gezeigt.

Francesco Benini
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Als Heldin dargestellt: Dokumentarfilm über Jolanda Spiess-Hegglin.

Als Heldin dargestellt: Dokumentarfilm über Jolanda Spiess-Hegglin.

Screenshot/3sat

Von «starken Frauen» handelt die dreiteilige Miniserie des Fernsehsenders 3sat. Der Film über Jolanda Spiess-Hegglin wurde vor einer Woche ausgestrahlt: Die vormalige Zuger Kantonsrätin erzählt davon, wie sie die Landammannfeier von 2014 erlebte, wie sie sich mit juristischer Hilfe gegen Medienberichte wehrte und wie sie mit ihrem Verein Netzcourage gegen die Verbreitung von Hassbotschaften im Internet kämpft.

Moderatorin Patrizia Laeri stellt fast nur unterstützende Fragen, und auch sonst kommen im Dokfilm ausschliesslich Personen zu Wort, die an der Seite Spiess-Hegglins stehen. So wird das Bild einer Frau vermittelt, die grosse Schwierigkeiten heldenhaft bewältigt hat.

Shitstorm lässt nicht lange auf sich warten

Geplant war eigentlich ein anderer Film. Einer, in dem Gegenstimmen nicht fehlen. Die Autorin Rosanna Grüter von der Produktionsfirma Mediafisch fragte auch Michèle Binswanger für eine Stellungnahme an. Binswanger ist Journalistin beim «Tages-Anzeiger» – und eine Kritikerin Spiess-Hegglins. Im Film wird ein Satz aus einem Zeitungsartikel Binswangers über die Protagonistin eingeblendet: «Sie schadet den Frauen, in deren Namen sie spricht.» Wie die Journalistin zu diesem Urteil kam, wird aber nicht erklärt.

Auch die Stellungnahme Binswangers fehlt im Film. Der Rohschnitt enthielt noch einige ihrer Aussagen – gezeigt wurde schliesslich keine. Michèle Binswanger sagt auf Anfrage:

«Ich finde es seltsam, dass ein Filmteam Aufnahmen macht, die dann nicht ausgestrahlt werden.»

Sie habe nicht über die Landammann-Feier gesprochen, erklärt Binswanger. «Ich wollte aufzeigen, wie man in den sozialen Medien angegangen wird, wenn man Kritik an Spiess-Hegglin übt. Es sind die gleichen üblen Methoden, die Spiess-Hegglins Organisation Netzcourage anprangert.» Spiess-Hegglin ist im Internet mit Verbalinjurien aufgefallen. Kritisiert jemand die vormalige Zuger Politikerin, lässt ein Shitstorm meistens nicht lange auf sich waren.

Zuger Obergericht entscheidet bald über Buchpublikation

Warum entschied Rosanna Grüter, keine der Aussagen Binswangers über Spiess-Hegglin auszustrahlen? Viel Drehmaterial habe nicht verwendet werden können – «leider auch die Interviewteile von Michèle Binswanger.» Es sei hinzugekommen , dass Binswanger aus rechtlichen Gründen nicht ins Detail habe gehen können.

Im September 2020 untersagte das Zuger Kantonsgericht Michèle Binswanger die Publikation eines Buches über die Zuger Landammannfeier von 2014. Jetzt liegt der Fall am Zuger Obergericht.