Wach bleiben für den Papst

Xenia Schmidlin hat eine Busreise für junge Leute zur Heiligsprechung in Rom organisiert. Sie stand über sieben Stunden an, um den «historischen Moment» live zu verfolgen. Die 28-Jährige über Papstfaszination und Pilgermassen.

Kathrin Reimann
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Sehr viele Pilger aus aller Welt stehen frühmorgens für die Messe an. (Bilder: Michael Fent, Fisherman.FM)

Sehr viele Pilger aus aller Welt stehen frühmorgens für die Messe an. (Bilder: Michael Fent, Fisherman.FM)

Xenia Schmidlin, Sie haben mit hundert jungen Schweizern einen Wochenendtrip zur Heiligsprechung in Rom unternommen. Andere in Ihrem Alter machen Trips an Konzerte. Ist der Papst für Sie so etwas wie ein Rockstar?

Xenia Schmidlin: Mit Rockstars kann man Päpste nicht vergleichen. Sie sind für mich Vaterfiguren, oder Freunde. Papst Johannes Paul II. habe ich schon mehrmals live gesehen, er hat mich als Person tief beeindruckt, ich habe viel von ihm gelernt.

Inwiefern hat er Sie beeindruckt?

Schmidlin: JP2 – wie er von Freunden genannt wird – ist ein Gigant. Mich beeindruckt sein tiefes Vertrauen in Gott. Er setzt auf die Jugend, ermutigt uns, uns nicht mit Mittelmässigkeit zufriedenzugeben, sondern Heilige des neuen Jahrtausends zu sein. Ausserdem hat er ein unglaubliches Charisma. Als ich ihn das erste Mal am Weltjugendtag live gesehen habe, hat er mich umgehauen.

Und deshalb sind Sie am Wochenende nach Rom gereist?

Schmidlin: Auch, aber nicht nur, sondern aus Dankbarkeit JP2 gegenüber. Ausserdem ist diese Heiligsprechung ein historischer Moment, etwas, was wohl nie wieder geschieht. Nur schon zu sehen, wie sich zwei Päpste umarmen; das war ein wunderschönes Bild. Auch die Stimmung unter den vielen tausend Gläubigen war faszinierend. Es war wie ein riesiges Volksfest, und es zeigt, was es auslösen kann, wenn man sein ganzes Leben Gott widmet.

Hunderttausende Pilger drängten sich auf und um den Petersplatz. Konnten Sie einen Platz ergattern, um das Ereignis live zu verfolgen?

Schmidlin: Wir sind in der Nacht auf Sonntag um halb drei angestanden, um auf den Platz zu kommen. Alle dreissig Minuten ging es ein wenig vorwärts, teilweise konnte man nicht einmal seinen Arm bewegen, war derart eingepfercht. Und wenn man aufs WC musste, hatte man sowieso verloren. Aber es herrschte gute und friedliche Stimmung in der Masse. Klar gab es teilweise ein Gedränge, aber mehrheitlich wurde gebetet, gesungen, und man hat sich mit Leuten aus der ganzen Welt unterhalten.

Und auf den Petersplatz haben Sie es geschafft?

Schmidlin: Leider nur bis kurz davor, aber dort hatte es eine riesige Leinwand, worauf man alles verfolgen konnte. Während des fast achtstündigen Anstehens habe ich mich mehrmals gefragt, wieso ich mir das antue. Es ist eine Tortur und es ist anstrengend, aber es hat sich gelohnt.

Hat es einer Ihrer Mitreisenden bis ganz nach vorne geschafft?

Schmidlin: Mehrere haben es bis an die Schranken geschafft, wo Papst Franziskus nah an ihnen vorbeigefahren ist. Ein anderer hat sich beim Spazieren verirrt, ist in einem Garten gelandet, wo er sich plötzlich in unmittelbarer Nähe zu Papst Benedikt wiederfand. Das sind wahre Glücksfälle.

Was haben Sie ausser anstehen gemacht?

Schmidlin: Am Samstag trafen wir uns mit 500 deutschsprachigen jungen Menschen zum Gebetsnachmittag mit Input und Gottesdienst. Viele Priester hörten während dieser vier Stunden Beichte, die Leute standen sogar an dafür. Wir haben auch super gegessen und einfach Rom genossen. Nur geschlafen haben wir praktisch nicht.

Wieso wurde so viel gebeichtet?

Schmidlin: Die Beichte ist die Gelegenheit, sein Leben neu auf Gott auszurichten und neu anzufangen. Dies wollten sich die jungen Leute nicht entgehen lassen. Übrigens ging Johannes Paul II. jede Woche beichten.

Auf dem Petersplatz: Xenia Schmidlin (rechts) und eine Kollegin freuen sich auf die Heiligsprechung.

Auf dem Petersplatz: Xenia Schmidlin (rechts) und eine Kollegin freuen sich auf die Heiligsprechung.