Eine Woche nach den Attentaten in Paris geht die Angst noch immer um. Patrick Germann, Facharzt für Psychiatrie am Zentrum für Angst- und Depressionsbehandlung Zürich, über dieses Gefühl – und wie man damit umgehen soll.
Herr Germann, die Pariser Anschläge verdeutlichen, dass jeder Opfer von Terror werden kann. Das macht vielen Menschen Angst. Ist diese berechtigt?
Patrick Germann: Das objektive Risiko, Opfer eines Terroranschlags zu werden, ist bei uns gering und wird gerade in solchen Krisenzeiten überschätzt. Alltagsgefahren wie Verkehrsunfälle, Rauchen, Alkoholkonsum und Unfälle im Haushalt hingegen werden unterschätzt. So starben in Frankreich 2014 allein im Strassenverkehr 3400 Menschen.
Weshalb unterschätzen wir Alltagsrisiken?
Germann: Weil man sich mit der Zeit an diese Alltagsrisiken gewöhnt und lernt, damit umzugehen. Entscheidend im Zusammenhang mit den erwähnten Alltagsrisiken ist unser Gefühl, das Geschehen beeinflussen zu können und alles unter Kontrolle zu haben.
Warum verängstigen uns Ereignisse wie jene in Paris so stark?
Germann: Sie lösen eine Urangst in uns aus, die Angst vor dem Tod. Attentäter stellen eine Gefahr dar, die nicht berechenbar ist. Glaubt man, eine Lage nicht selber kontrollieren zu können, verunsichert das sehr. Ausserdem ist das Ausmass von mindestens 129 Opfern erschreckend und macht betroffen. (dbu)