GESUNDHEIT: Mehr Stressabbau nötig

Die Fachhochschule St. Gallen hat untersucht, wie es um die Förderung der Gesundheit in den Ostschweizer Betrieben steht. Nach deren Angaben nicht schlecht.

Bruno Knellwolf
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@tagblatt.ch

Stress und Überbelastung am Arbeitsplatz: Der Klagen über die Arbeitsbedingungen in der sich beschleunigenden digitalen Welt sind viele. Das Institut für Qualitätsmanagement und Angewandte Betriebswissenschaft der Fachhochschule St. Gallen (FHS) hat dazu eine Befragung bei 470 Betrieben gemacht, vorwiegend aus St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und dem Fürstentum Liechtenstein. Die Firmen stammen aus allen möglichen Bereichen, aus dem Gewerbe, der Verwaltung über den Bau bis zum Sozialwesen. Den Auftrag zur Umfrage hat das «Forum Betriebliches ­Gesundheitsmanagement Ostschweiz» erteilt.

Gemäss der Studie sind die Ostschweizer Betriebe für die ­Gesundheitsförderung sensibilisiert. Die Chefs seien sich der Wichtigkeit des Themas bewusst. Die Förderung und Erhaltung der Gesundheit sei den Führungs­personen in Gross- und auch in Kleinbetrieben wichtig. Trotzdem hat erst ein Fünftel der Betriebe ein Betriebliches Gesundheitsmanagement umgesetzt, ein weiterer Fünftel baut eines auf. Grössere Betriebe sind eher gewillt, ein solches Management zu führen als Kleinbetriebe.

In der Befragung erklärten die Betriebe, viel Wert auf eine gute Führungskultur und eine wertschätzende Feedbackkultur zu legen. Wichtig seien die Klarheit in Aufgaben und Verantwortung, eine aktive Mitgestaltung bei Arbeitsabläufen, genügend Zeit für die Aufgaben zur Verfügung zu stellen sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Tönt gut, befragt wurden allerdings zu 90 Prozent Führungspersonen und nur zu zehn Prozent Angestellte.

Trotzdem sagt Studienleiter Markus Grutsch von der FHS, die Studie sei repräsentativ. Tatsächlich gebe es aber kaum Studien, die Mitarbeiter zu diesem Thema befragten. «Selbstbild und Fremdbild stimmen nicht immer überein. Wir plädieren deshalb dafür, die Mitarbeitersicht in künftigen Umfragen stärker aufzunehmen», sagt Grutsch. Denn Mitarbeiter hätten eine andere Perspektive, diese gelte es zu ­berücksichtigen. «Das erreicht man in der betrieblichen Gesundheitsförderung, indem Gefässe bereitgestellt werden wie Gesundheitszirkel, Mitarbeitergespräche oder Arbeitsplatzevaluierungen.» Mit 68 Prozent führt ein bedeutender Anteil der Ostschweizer Betriebe Mitarbeiterbefragungen durch, die nach Grutsch ein gutes Gesamtbild ­abgeben. «Erfahrungen zeigen, dass Mitarbeiter grundsätzlich ehrlich sind.»

Die vielen Belastungen werden erkannt

Die Mehrheit der befragten Betriebe erkennt, dass ihre Mitarbeiter vielen Belastungen ausgesetzt sind wie Termindruck und Überstunden. Ein Drittel der Chefs stimmte der Aussage zu, dass sie auf Überlastungen reagieren, die Hälfte stimmt dieser Aussage «eher zu». Erkannt ist das Problem, allerdings gaben 61 Prozent an, keine Massnahmen für Stressabbau und Entspannung umzusetzen. Hier zeige sich ein gewisses Defizit, das auch von den Betrieben selbst so wahrgenommen werde, schreiben die Studienautoren. Immerhin geht der Trend in die richtige Richtung. Im Jahr 2011 gaben erst 28 Prozent an, etwas für den Stressabbau zu unternehmen, 2016 waren es immerhin 39 Prozent.

«Wichtig ist die Sensibilisierung auf psychische Gesundheit und Belastungen, insbesondere Stress. Dass Führungskräfte Themen des Wohlbefindens und der Gesundheit auf dem Radar haben und ihren Mitarbeitern die Möglichkeit geben, Belastungen im Arbeitskontext offen und frühzeitig anzusprechen», sagt Grutsch.

Entscheidend seien da die Führungskultur und das Arbeitsklima in einem Betrieb. «Offenheit führt dazu, dass man über Gesundheitsthemen spricht. Vertrauen ist hier die Basis. Die Mitgestaltung ist aus meiner Sicht auch ein sehr wichtiger Punkt.» Neben dem Stressabbau sind gemäss der Studie spezielle Massnahmen zur Förderung der Gesundheit von älteren Mitarbeitern sowie die Systematisierung der Gesundheitsförderung die wichtigsten Themen der Zukunft.