Bestäubende Insekten beeinflussen die Evolution von Pflanzen, wie Untersuchungen der Uni Zürich zeigen. Gibt es immer weniger Bienen, bestäuben mehr Fliegen und die Pflanzen werden schwächer.
Ohne bestäubende Insekten geht nichts: Bienen, Fliegen und Schmetterlinge übertragen die männlichen Pollenkörner auf die Narbe des weiblichen Griffels einer Pflanze und sichern so deren Fortpflanzung. Forscher vom Institut für Systematische und Evolutionäre Botanik der Universität Zürich zeigen nun aber, dass diese Insekten noch weit mehr tun. Sie beeinflussen die Evolution von Pflanzen stark, wie Experimente mit Hummeln zeigen.
Im Versuch bestäubten diese den Rübsen, eine Kohlart, über neun Generationen lang. Eine zweite Gruppe an Rübsen wurde mit Schwebefliegen bestäubt. Die Unterschiede waren gross: Die von Hummeln bestäubten Pflanzen waren grösser und hatten stärker duftende Blüten mit mehr UV-Farbanteil – eine Farbe, die von Bienen und ihren Verwandten gesehen wird. Die von Schwebefliegen bestäubten Pflanzen hingegen waren kleiner, ihre Blüten dufteten weniger und bestäubten sich deutlich mehr selbst. Unterschiedliche Bestäuber machen eine Auslese nach ihrem Gusto, ähnlich wie es auch Pflanzenzüchter machen. Die Zunahme der Selbstbestäubung ist auf die deutlich geringere Effizienz der Fliegen zurückzuführen. Die Pflanzen helfen sich selbst, wenn der Bestäuber zu wenig Pollen überträgt.
Dass sich die Pflanzen nach neun Generationen bereits derart stark verändern, überraschte die Forscher. «Traditionell geht man davon aus, dass die Evolution langsam verläuft», erklärt der Evolutionsbiologe Schiestl und warnt: Wenn sich die Zusammensetzung von Bestäuberinsekten in einem Lebensraum verändert, könne das einen rapiden evolutiven Wandel bei den Pflanzen bewirken. Will heissen, gibt es weiterhin wegen des starken Pestizideinsatzes und der Verarmung der Landschaft weniger Bienen und Hummeln, wirkt sich das auf die Pflanzen aus. Es wäre laut Schiestl denkbar, dass Pflanzen deswegen vermehrt auf Fliegen als Bestäuber angewiesen sind. Das bedeutet schwächeren Blütenduft und mehr Selbstbestäubung. Längerfristig würde die genetische Vielfalt einer Pflanzenpopulation geschmälert und die Pflanzen würden krankheitsanfälliger. (Kn.)