Im Radio läuft «Let the sunshine» und ich tanze durchs Haus. Schon den ganzen Tag geht das so: Ich kann nicht still stehen, habe Energie für zwei – doch ist das alles wegen meiner neuen Diät? Ich habe mich nämlich entschlossen, für eine Woche das Basenfasten auszuprobieren.
Im Radio läuft «Let the sunshine» und ich tanze durchs Haus. Schon den ganzen Tag geht das so: Ich kann nicht still stehen, habe Energie für zwei – doch ist das alles wegen meiner neuen Diät? Ich habe mich nämlich entschlossen, für eine Woche das Basenfasten auszuprobieren. Angefangen hat alles mit Victoria Beckham – auch bekannt als dünnste Promi-Mutter vierer Kinder. Sie hat auf Twitter vom englischen Kochbuch «Honestly Healthy» geschwärmt, einem Kochbuch mit basischen Gerichten, die nicht nur gesund sind, sondern auch noch gut aussehen. Seither sind die Magazine voll mit Tips zur basischen Ernährung. Denn ein bisschen weniger Speck und ein bisschen mehr eine Victoria-Beckham-Figur wünscht sich wohl so manche Frau.
Beim Basenfasten geht es aber in erster Linie ums Entgiften; für Menschen wie mich, die gerne Wein und Kaffee trinken und zu einem Teller Pasta oder einem guten Stück Fleisch nie Nein sagen – und die sich nach einer Weile ausgelaugt, aufgedunsen und übersäuert fühlen. Lebensmittel lassen sich aufgrund ihres pH-Wertes in basisch und sauer unterteilen. Sauer sind zum Beispiel Brot, Nudeln, Fleisch, Milchprodukte, Alkohol, Zucker und Süssgetränke – vereinfacht gesagt alles, was gut schmeckt. Als basisch hingegen gelten Gemüse, Früchte, Salat, Wasser und Kräutertee. Genaue Auflistungen gibt's in Ratgebern und im Internet.
Der erste Härtetest kommt am Tag eins: Während das Gegenüber am Tisch dampfende Tortellini mit Tomatensauce isst, löffle ich eine fade Bouillon. Zum Zmorge gab's nur grad ein Glas Wasser mit Zitronensaft. Mein Magen knurrt, ich lasse mir aber nichts anmerken und presse bei jedem Löffel ein «mmh» hervor. Am Nachmittag legt sich der Appetit von alleine. Das Bittersalz vom Morgen wirkt. Denn das wichtige, aber unschöne Stichwort für den ersten Tag lautet: Darmreinigung. Da wollen wir nicht näher ins Detail gehen. In Ratgebern findet man verschiedene Methoden – doch im wahrsten Worte «verschissen» sind sie alle.
Tag zwei läuft nicht besser: mir ist so speiübel, dass ich den ganzen Tag nichts essen mag, ausser einer zerdrückten Banane. Immerhin zeigt die Waage schon zwei Kilos weniger an. Aber gesund ist anders.
Am darauffolgenden Tag kommt dann die Wende: Es gibt ein Müsli aus reifen Pfirsichen, Passionsfrucht und Melone und dazu einen selber gepressten Saft aus Erdbeeren, Bananen und Orangen. Das schmeckt gesund – und wunderbar. Kaffee und Gipfeli sind so gut wie vergessen. Und das sollte auch in Zukunft machbar sein, so ein etwas farbigeres Zmorge aufzutischen.
Noch grössere Freude habe ich an Kartoffeln, die sind zum Glück sehr basisch und retten mich vor dem Hungertod. Ich durchstöbere das Internet und bin erstaunt, wie viele basische Rezeptvorschläge es gibt. Sogar eine basische Pommes-frites-Backanleitung gibt es – zugegeben war es das erste, nach dem ich gesucht habe.
Die grösste Herausforderung kommt am Wochenende: Essen bei den Verwandten. Dazu gehören Tanten, welche die besten Gratins und Desserts der Welt mitbringen. Die Bratwurst brutzelt in der Pfanne, der Geruch von frisch aufgeschnittenem Knoblibrot steigt mir in die Nase und nur mit grösster Willenskraft kann ich meine Hand aufhalten, die vollautomatisch Richtung Chips-Schüssel greift. Die, die Spareribs vom Knochen abbeissen, schauen mich aus einer Mischung aus Mitleid und Schadenfreude an. Ich bin kurz vor dem Aufgeben, entscheide mich dann aber für den Scheukappenblick: Wenn man das Rundherum ausblendet, schmecken die Gemüse-Spiessli mit Rosmarinmarinade gar nicht so übel. Zum Dessert gibt's ein paar Mandeln und Trockenfrüchte.
Das Durchhaltevermögen zahlt sich aus: die nächsten Tage fühle ich mich so fit und fröhlich wie schon lange nicht mehr. Ich miste das ganze Haus aus, denn entgiften heisst auch entrümpeln. Nach dem Znacht möchte ich nicht mehr auf direktem Weg auf die Couch, sondern drehe mit dem Velo ein paar Runden an der frischen Luft. Sport ist übrigens durchaus möglich, nicht wie bei anderen Fastenprogrammen, wo man kraftlos herumliegt. So turne ich beim Zähneputzen auf einmal Yoga-Übungen und räume den Geschirrspüler mit Kniebeugen ein.
Als Diätanfängerin bin ich vom Basenfasten überzeugt: Das Essen schmeckt, man hungert nie und fühlt sich voller Energie. Auch auf Dauer ist es absolut machbar, den Teller Spaghetti mit Rotweinglas einmal gegen ein paar Gemüsestengeli mit Hummus und Kräutertee zu tauschen.
Basenfasten. Essen und trotzdem entlasten. Sabine Wacker, GU Ratgeber, 2007.