FAMILIEN: Nicht ohne unsere Grosis

Am Sonntag wird in der Schweiz der zweite Grosselterntag gefeiert. Ausflugsziele locken mit Familien-Sonderangeboten. Darüber geht fast vergessen, dass der Tag die Leistungen der Schweizer Grosseltern in den Fokus rücken will.

Anina Frischknecht,
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Fehlen Krippen und Mittagstische, müssen Omas ran – und das 100 Millionen Stunden pro Jahr. (Bild: Klaus Vedfelt/Gettz)

Fehlen Krippen und Mittagstische, müssen Omas ran – und das 100 Millionen Stunden pro Jahr. (Bild: Klaus Vedfelt/Gettz)

Anina Frischknecht,

anina.frischknecht@tagblatt.ch

Zwei Milliarden Franken. Das ist der praktische Wert der Grossmamis und Grosspapis in der Schweiz. Sie springen dann ein, wenn die Krippe voll, zu teuer oder nicht vorhanden ist. Und Mittagstische und Auffangzeiten im Schulhaus nicht angeboten werden. So leisten Oma und Opa eindrückliche 100 Millionen Stunden Enkelkinderbetreuung pro Jahr.

Der morgige Grosselterntag will diese unterschätzte Leistung bewusstmachen. In Frankreich und den USA längst etabliert, findet er in der Schweiz am 12. März erst zum zweiten Mal statt. Dominik Achermann, Verleger und Mit-Initiant des Magazins «Grosseltern», sagt: «In einer Zeit, wo Grosseltern in der Diskussion um die Rentenreform 2020 als Profiteure bezeichnet werden, ist es umso wichtiger, den Dialog und das Verständnis zwischen den Generationen zu fördern. Und zu betonen, dass das was Grosseltern – mehrheitlich noch die Grossmütter – jeden Tag leisten, nicht selbstverständlich ist.»

Tatsächlich ist das enkelhütende Grosi ein relativ modernes Rollenbild. Noch vor 100 Jahren hatte eine Grossmutter zehn oder mehr Enkel – um alle kümmern konnte sie sich nicht. Heute aber haben Kindeskinder eher Seltenheitswert. Grosseltern können sich so intensiv um ihre Enkel kümmern wie nie zuvor. Auch die längere Lebenserwartung spielt den modernen Grosseltern zu. Bei der Geburt ihres ersten Enkelkindes ist eine Schweizer Oma durchschnittlich 52 Jahre alt. Sie ist fit, schreibt SMS und treibt Sport. Laut Psychologin Ursula Germann findet nur jeder fünfte Teenager in der Schweiz sein Grosi altmodisch. Die Bande zwischen Enkelkinder und Grosseltern ist deshalb so eng wie noch nie. «Grosseltern zu sein, ist heute nicht mehr einfach eine Begleiterscheinung des Lebens, sondern eine eigenständige Funktion», hat es Germann gegenüber dem Tagblatt formuliert. «Grosseltern haben einen eigenen Tag verdient», findet deshalb Achermann. 40 Museen und Ausflugsziele in der Schweiz sehen das ähnlich und unterstützen den Grosselterntag mit Sonderangeboten für Oma, Opa und Enkel. Die Kritik, durch diese Angebote verkomme der Tag zu einer Kommerzveranstaltung, nehmen die Initiatoren gelassen. «Unser Ziel ist es, zwischen Jung und Alt ein gutes Verständnis zu erreichen und die Leistungen der Grosseltern ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen», sagt Achermann. «Gelingt uns das mit Sonderangeboten auf einer eher kommerziellen Schiene, dann sei es so.»