Seit heute Morgen um 5.30 Uhr ist Elizabeth II. die britische Herrscherin mit der längsten Regentschaft. 63 Jahre und 216 Tage ist sie bereits im Amt. Damit hat sie ihre Ururgrossmutter Queen Victoria überholt.
"Sie ist schon so lange auf dem Thron, man kann sich das Land ohne sie gar nicht vorstellen", sagt die Wissenschaftlerin Judith Rowbotham. "Denkt man an Grossbritannien, denkt man automatisch auch an sie."
Über Nacht Königin
Auf die Minute genau lässt sich nicht sagen, wann die 89-jährige Elizabeth II. die dienstälteste britische Monarchin aller Zeiten wird. Denn es ist nicht überliefert, wann genau ihr Vater König George im Februar 1952 im Schlaf starb - und seine Tochter "Lilibet" über Nacht zur Königin machte.
Ausgiebig feiern wird die Königin den neuen Meilenstein ihrer langen Regentschaft nicht. Es steht ein ganz normaler Besuchstermin an, diesmal geht es um die Eröffnung einer Eisenbahnstrecke in Schottland. Sicherlich wird Elizabeth II. - wie schon tausende Male zuvor - höflich-reserviert und ohne sichtbare Gefühlsregung ihrer Pflicht nachkommen.
Pflichterfüllung
Diese unerschütterliche Pflichterfüllung ist das Markenzeichen von Elizabeth II. Bereits 1947 in einer Rede zu ihrem 21. Geburtstag versprach sie den Briten: "Mein ganzes Leben, sei es kurz oder lang, werde ich in Euren Dienst stellen." An dieses Versprechen hat sie sich gehalten.
"Die Queen ist das Beispiel schlechthin für unanfechtbare Integrität", sagt der Historiker David Starkey. Die Königin habe ihre Rolle immer mit Würde ausgefüllt. "In der heutigen gefühlsduseligen Zeit hat sie sich einen zurückhaltenden, altehrwürdigen Stil bewahrt."
Zerfall, Kollaps, Unabhängigkeitskampf
Diese Zurückhaltung war wohl auch durch die Umstände bedingt. Unter Queen Victoria, die zwischen 1837 und 1901 für 63 Jahre und 216 Tage herrschte, erlebte das britische Empire seine Blütezeit.
Die Regentschaft von Elizabeth II. dagegen war unter anderem geprägt vom Zerfall des britischen Weltreichs, dem wirtschaftlichen Kollaps sowie von dem blutigen Unabhängigkeitskampf der nordirischen Untergrundorganisation IRA.
Privat lief es ebenfalls oft nicht rund. Ihr Sohn Prinz Charles beschwerte sich einmal bitterlich darüber, dass er von seiner Mutter nie wirkliche Zuneigung erfahren und eine "elende Kindheit" erlebt habe. Doch nicht nur Charles hätte sich mehr Liebe gewünscht, auch den Briten war ihre Monarchin oft zu steif.
"Zeigen Sie mehr Gefühl", forderte das Volk beispielsweise von seiner Regentin, als diese 1997 äusserlich ungerührt den Tod ihrer ehemaligen Schwiegertochter Prinzessin Diana hinnahm. Damals war das Königshaus auf dem Tiefpunkt angelangt. Mit der ihr eigenen Beharrlichkeit und mit Hilfe der jüngeren Generation ihrer Familie hat Elizabeth II. die Wende geschafft.
Viele Briten stimmen heute Prinz William zu, der im Vorwort einer neuen Biographie seine Grossmutter "als Vorbild fürs Leben" preist. "Immer und immer wieder, leise und bescheiden, hat die Königin uns allen gezeigt, dass wir zuversichtlich in die Zukunft gehen können - ohne die Dinge zu verraten, die uns wichtig sind", schreibt die Nummer Zwei der Thronfolge.
Bhumibol hält weltweiten Amtszeitrekord
Inzwischen gibt es mit dem kleinen Prinz George, dem Kind von William und seiner Frau Kate, sogar schon einen Thron-Aspiranten der dritten Generation - das hat kaum ein Königshaus zu bieten.
Ein entscheidender Grund ist natürlich das hohe Alter von Elizabeth II.: Mit ihren 89 Jahren hält sie den Altersrekord unter allen amtierenden Monarchen. Den weltweiten Amtszeitrekord hat sie heute jedoch nicht erreicht: Den hält der thailändische König Bhumibol. Der 87-Jährige bestieg bereits 1946 den Thron. (sda)