Ein Pöstler möbliert Räume mit Musik

Es war ein kleines Friedensangebot an mich, der ich mit dem Telefon auf Kriegsfuss stehe. Vor einigen Jahren stiess ich auf Erik Saties «Gymnopédie No. 1» als Klingelton. Von da an erfüllte mich ein Gefühl von Heiterkeit und Leichtigkeit, wenn sich das Telefon meldete.

Beda Hanimann
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Bild: Beda Hanimann

Bild: Beda Hanimann

Es war ein kleines Friedensangebot an mich, der ich mit dem Telefon auf Kriegsfuss stehe. Vor einigen Jahren stiess ich auf Erik Saties «Gymnopédie No. 1» als Klingelton. Von da an erfüllte mich ein Gefühl von Heiterkeit und Leichtigkeit, wenn sich das Telefon meldete.

Der französische Postbeamte, Pianist und Komponist Erik Satie (1866–1925) war der seltsamste Musiker seiner Zeit – was seine eigene Einschätzung war, eine wohl zutreffende. In einem seiner dadaistischen Texte, die neben der Musik entstanden, stellte er auch selber klar: «Jedermann wird Ihnen sagen, dass ich kein Musiker bin. Das stimmt.»

Hier allerdings ist Einspruch fällig. Satie war der Mentor der «Groupe des Six» um Jean Cocteau, zu der Komponisten wie Arthur Honegger, Darius Milhaud und Francis Poulenc gehörten, er gilt als wichtiger Erneuerer der französischen Musik um 1900 und inspiriert bis heute – etwa Bill Dobbins und die WDR Big Band, die ihn jazzig interpretiert haben.

Satie brach das Dur-Moll-System auf, gab nichts auf Virtuosität, entfernte sich von gängigen Rhythmus- und Tempi-Vorstellungen und schuf stattdessen Klangbänder und musikalische Flächen. Er selber sprach von «Musique d'Ameublement», und er meinte das nicht abwertend. Musik hatte für ihn dieselbe Funktion wie «das Licht, die Wärme & der Komfort in jeder Form». Schon der Anfang der «Gymnopédie No. 1», eine Folge von ruhigen, grossen Tonsprüngen, möbliert wundervoll Raum und Gefühl.

WDR Big Band: «Erik Satie» 2 CD, CMO Music 2006