Gesundheit Der Veltliner, der kräftige Wein aus dem einstigen Bündner Untertanengebiet, schmecke erst ab einer Höhe von 2000 Metern, hiess es einmal. Das machte ihn für Generationen zum probaten Klassiker der Skihütten und Bergrestaurants. So einseitig präsentiert sich die Sache heute nicht mehr, das Angebot ist vielfältiger geworden. Hochkonjunktur haben in diesen kalten Tagen auch all die Einheizer wie Glühwein, Kafi Luz, Schümli Pflümli, Jagertee, Rumpunsch, aber auch Unverdünntes wie Jägermeister und Appenzeller.
Die Schar der Wintersportler ist sich jedenfalls einig: Es gibt nichts Besseres zum Aufwärmen als etwas Hochprozentiges. Hier allerdings irrt die Volksweisheit, wie Suchtfachleute, Gesundheitsberater und Ärzte zu betonen nicht müde werden. Alkohol gegen Winterkälte sei ein trügerischer Wärmespender, wiederholen sie Jahr für Jahr. Und ihre Erklärungen leuchten durchaus ein.
Dass der Mensch kalte Hände und Füsse bekommt, wenn er längere Zeit frostigen Temperaturen ausgesetzt ist, hat mit dem körpereigenen Schutzmechanismus zu tun. Bei Kälte verengen sich die Gefässe, sodass das Blut vor allem in den lebenswichtigen Organen wie Herz, Lunge und Gehirn behalten wird. In deren Interesse werden Arme, Beine und oberflächliche Hautschichten weniger stark durchblutet. Der Mensch fröstelt und friert – und greift zu Hochprozentigem. Der Alkohol bewirkt tatsächlich, dass sich die Blutgefässe wieder ausweiten und das Blut die Extremitäten besser erreicht. Der Effekt ist das bekannte Wohlgefühl: Die Wangen röten sich, die Finger bekommen wieder Farbe. Der Körper glüht, die Lebensgeister kehren zurück. Richtig schön.
Das Glück ist aber von kurzer Dauer, wie die Experten warnen. Denn durch die erweiterten Blutgefässe wird das warme Blut vom Körperinnern zwar an die Oberfläche gepumpt, wo es aber rasch abkühlt und wieder zurückfliesst. Das bringt den natürlichen Prozess der Temperaturregulierung durcheinander. Die wohlige Wärme auf der Haut signalisiert dem Gehirn: alles in Ordnung, obwohl die inneren Organe schlecht durchblutet sind und die Körpertemperatur zu tief ist.
Gefährlich wird das vor allem dann, wenn man in der Kälte draussen zum Flachmann greift oder die Wärme der Skihütte zu schnell wieder verlässt. Für einmal gilt also: Wer drinnen sitzen bleibt, fährt besser. Denn er lässt dem Organismus Zeit, wieder innen und aussen auf Touren zu kommen. Und deshalb wird sich der Mythos vom Einheizer Alkohol auch in dieser Skisaison halten.
Beda Hanimann