Zu Tisch
Im Restaurant «Schwarzer Engel» in St.Gallen: Der Sonntagsengel leuchtet hell und begeistert kulinarisch

Nichts wird im «Schwarzen Engel» vorgefertigt auf den Teller geklatscht, nein, alles ist Handarbeit. Hier kochen Menschen mit Leidenschaft, die den Sellerie am linken Fleck haben.

Melissa Müller
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Den «Schwarzen Engel» gibt's in St.Gallen schon seit über 30 Jahren.

Den «Schwarzen Engel» gibt's in St.Gallen schon seit über 30 Jahren.

Bild: Benjamin Manser

Infos zum Restaurant Schwarzer Engel

Adresse: Engelgasse 22, 9000 St.Gallen, Telefon 071 223 35 75
www.schwarzerengel.ch
Öffnungszeiten: Montag: 11.30 bis Mitternacht, Dienstag: 11.30 bis 14, Mittwoch und Donnerstag: 11.30 bis Mitternacht, Freitag: 11.30 bis 1 Uhr, Samstag: 13 bis 1 Uhr, Sonntag: 15 bis 23 Uhr.
Angebot: Täglich drei Menus ab 23 Franken.

Erstmals erschienen am 10.12.2021, aktualisiert am 15.3.2023

Der «Schwarze Engel» gehört zu den wenigen Lokalen in der Stadt St.Gallen, die am Sonntagabend offen haben. Dann läuft nicht viel, und man kann sich an den alten Holztischen bei angenehmer Lautstärke unterhalten. Und dabei einen währschaften Znacht aus Biozutaten geniessen, im Schein der 50er-Jahre-Lampe mit den vielen Glühbirnen. Sie hängt schon seit Jahrzehnten da mit ihrem goldenen Lichterregen.

Als wir das vegane Menu bestellen, fragt die Köchin nach, ob es okay sei, wenn sie den Kürbis mit Honig mariniere. Wie aufmerksam: Streng genommen ist Honig ja ein tierisches Produkt. Der gemischte Salat (12.50) ist so knackig, als käme er direkt vom Feld auf den Teller.

Ein Traumpaar: Randen und Estragon

Auch der Randensalat macht Lust auf mehr. Wir kommen nicht dahinter, womit er raffiniert gewürzt wurde. «Estragon», klärt uns Köchin Dunja auf. Die 25-Jährige steht an diesem Abend allein in der Küche und verwöhnt uns mit Chässpätzli mit Röstzwiebeln und Apfelmus, mit Granatapfelkernen dekoriert (23 Fr.). Die Spätzli sind mit rezentem Käse angereichert, der lange Fäden zieht. Der perfekte Tatort-Vorspiel-Soulfood – ebenso wie die aromatische Chilibohnensuppe mit Rüebli und Quinoa (7.50). Nur das Chili fehlt– aber pfeffern kann man ja noch. Das Brot, das der «Engel» von Biobäcker Kast, bezieht, ist vom Feinsten.

Wir bereuen auch den veganen Polenta-Teller (23 Fr.) nicht. Die Polenta ist wunderbar cremig; sie wurde mit Sojarahm verfeinert. Die Kürbisschnitze leuchten verführerisch orange neben Grünkohl und Balsamico-Zwiebeln. So kulinarisch vielfältig und farbenfroh kann der Winter also sein.

Die Köchin liebt Gnocchi

«Wir machen alles selber aus saisonalen Zutaten, die wir teils selber anbauen», sagt Dunja, die sich nach dem Essen zu uns setzt. «Ich stehe auf Hausmannskost», sagt die selbstbewusste junge Frau. Sie hat ihren Bürojob an den Nagel gehängt und ihr Hobby vor drei Jahren zum Beruf gemacht.

In den meisten Restaurants hätte sie als Tellerwäscherin beginnen müssen. Nicht aber in der linken Genossenschaftsbeiz «Engel», wo auch Anfänger Verantwortung übernehmen. Im Kollektiv gibt’s keinen Chef. «Hier kann ich das Menu selber planen und von A bis Z alles selber bestimmen», sagt Dunja, die manchmal auch ihr Lieblingsessen auf die Karte setzt: Selbstgemachte Kartoffelgnocchi. Vegan zu kochen, war ihr am Anfang fremd. «Inzwischen liebe ich es.»

Fazit: Hier wird günstig, gesund und mit Liebe gekocht.

Im Sommer lädt der Innenhof zum Verweilen ein.

Im Sommer lädt der Innenhof zum Verweilen ein.

Bild: Samuel Schalch (24.8.2016)