Barock und Jazz waren die Themen des Neujahrskonzerts in der evangelischen Kreuzkirche. Nicht getrennt, sondern als Einheit, ein Konzert zwischen Bach und Gershwin, mit Bekanntem und Neuem, mit Kompositionen und Improvisiertem.
Ein Neujahrskonzert der besonderen Art erwartete die Besucherinnen und Besucher am frühen Sonntagabend in der evangelischen Kreuzkirche. Schon das Motto liess aufhorchen: «Summertime in Winter – Zwischen Bach und Gershwin». Ein Konzert also mit Musik zwischen Bach und Gershwin, mit Bekanntem und Neuem, mit Kompositionen und Improvisiertem und mit einer breiten Palette an Klangüberraschungen.
Auch die Zusammensetzung der Instrumente zu einer Formation ist sehr unüblich: Orgel oder Vibraphon, Schlagzeug und Cello. Lou Grassi, der weltbekannte Schlagzeuger aus New York, und die Dresdner Ulrich Thiem (Cello) und Andreas Böttcher (Vibraphon/Orgel) konzertierten seit 1992 gemeinsam.
«Wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören», zitierte Ulrich Thiem das geflügelte Wort zur Begrüssung des Publikums. Der Abschluss ihrer Tournée in Wil bildete nämlich zugleich den Abschluss einer langen erfolgreichen Zusammenarbeit – die finale Dernière.
Das Konzert fügte sich in die Arbeit der international bekannten Gruppe Bach und Blues Dresden ein, die Ulrich Thiem vor fünfundzwanzig Jahren gegründet hat und die stets Klassik mit Exotischem verbindet hat und in unterschiedlichsten Besetzungen auch mit internationalen Grössen zusammen auftritt. Obwohl man sich unter der Ankündigung des Konzerts kaum etwas Konkretes vorstellen konnte, war die Kirche zu mehr als der Hälfte mit Liebhabern des Ungewöhnlichen gefüllt. Organisator Pfarrer Christoph Casty zeigte sich denn auch ziemlich überrascht von diesem grossen Interesse.
Dass es reguläre Kompositionen für eine solche Besetzung nicht gibt, ist klar, auf dem (ungedruckten) Programm standen denn auch Improvisationen. Und da es sich um völlig freie Improvisationen handelte, gab es infolgedessen auch kein Programm zum Konzert. Leitlinie des Konzerts waren Kompositionen von Johann Sebastian Bach und George Gershwin, die in unkonventionell-musikantischer Weise mit Jazzstandards und -improvisationen korrespondierten, mal als Solo, mal als Duo oder zu dritt.
Die Orgelimprovisationen des Jazzers Andreas Böttcher entpuppten sich dabei sowohl für Orgelfreunde als auch für Jazzfans als eine grosse Besonderheit. Hier gingen Tradition und Moderne eine unmittelbare Verbindung ein, um sich gegenseitig zu ergänzen, und dabei wurden die unterschiedlichen Stile in gleicher Wertigkeit eingesetzt. Somit ergab sich ein höchst reizvolles Konzept, das von einer Klangfarbe zur nächsten führt und dabei bewusst Spannungen aufbaut.
Sich ohne Erwartungshaltung der Entwicklung der Session der drei freischaffenden Berufsmusiker zu ergeben, war die beste Ausgangslage für das Publikum, das jedes Stück mit begeistertem Applaus bedachte. Das gleiche galt auch für die Musiker, die sich wohl auch sehr zufrieden über das zeigten, was sich im Verlaufe des Abends musikalisch zwischen ihnen entwickelt hatte. Für das Trio ein höchst würdiger Abschluss ihrer langen fruchtbaren Zusammenarbeit.