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Ostschweiz
Wil
Daniela Wiesli und Walter Truniger finden auf einem abgeernteten Acker im Wiler Umland Relikte aus längst vergangenen Zeiten.
Ein abgeernteter Acker im Umland von Wil – nichts scheint ihn von anderen Feldern zu unterscheiden. Für Eingeweihte, wie Daniela Wiesli und Walter Truniger, ist das Feld so etwas wie ein Geschichtsbuch. Die Wilenerin Daniela Wiesli sagt schmunzelnd:
«Dieses Feld ist für mich wie eine Wundertüte.»
Aus ihm haben die beiden Geschichtsinteressierten verschiedene Relikte geborgen. «Auf dieser Route führte der Weg von Wilen zur Kirche St.Peter in Wil», erzählt die 44-Jährige, die als Übersetzerin arbeitet und eine Ausbildung in Unterwasserarchäologie absolvierte.
Beim Kirchgang oder beim Leichengeleit fiel den Gläubigen gelegentlich ein Medaillon oder ein kleines Kreuz herunter, das bis zu seiner Wiederentdeckung im Humus ruhte.
Auch anderes Kleingeld haben die beiden schon geborgen, es ist mutmasslich frührömischer Herkunft. Und auch kleine Gewandfibeln, wahrscheinlich römischen sowie keltischen Ursprungs, fanden sie. Diese hielten nach dem Prinzip der Sicherheitsnadel Kleidungsteile zusammen.
In der Folge blieben ein Pulvertrichter, Uniformknöpfe, ein Zollstock, ein Zirkel sowie eine kleine Kugel von einem Artilleriegeschoss, einer sogenannte Kartätsche, im Erdreich zurück. Truniger und Wiesli fanden im Weiteren Medizinalfläschchen, ein Bronzepferdchen sowie ein Fragment eines Bolzens. Mit ihm wurden in der Zeit des Mittelalters mittels einer Armbrust Jagd auf Vögel gemacht.
Die Funde landen in Plastiksäckchen. Diese werden mit den Koordinaten des Auffindungsorts, dem Datum und weiteren Angaben versehen. Ein Teil davon gelangt nach St.Gallen oder nach Frauenfeld in die entsprechende Kantonsarchäologie. Die Grenze zwischen den beiden Kantonen führt mitten durch den Acker.
Im Zug der Arealerweiterung eines Gewerbebetriebes wird der Acker bald unter einer Teerdecke verschwinden. Daher nutzen die beiden Geschichtsinteressierten die Zeit, um weiter Jagd auf historische Zeugnisse zu machen. «Vom Suchen könnte man fast süchtig werden», sagt Walter Truniger, der neben seinem Metalldetektor steht.
Auch wenn ihr derzeitiges Suchareal bald geteert wird, geht ihnen die Arbeit nicht aus; sie werden in einem anderen Gebiet ihre Nachforschungen fortsetzen. Gemäss Wiesli birgt die Grenzregion von Wil und dem Hinterthurgau höchstwahrscheinlich noch etliche Zeugen der Vergangenheit.