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Der Wiler Osman Tazik versucht, online Velos der Firma O-Bike zu verkaufen. Die Zweiräder haben aber einen zweifelhaften Ruf. In Deutschland wurde gar ein Verkaufsstopp wegen mangelhafter Bremsen erwirkt.
Sie wurden schon als gelbe Pest oder schlicht als Schrottvelos bezeichnet. Die Rede ist von sogenannten O-Bikes. Die gleichnamige Firma aus Singapur, welche die Leihfahrräder anbot, musste dieses Jahr Konkurs anmelden. Zuvor hatte sie den europäischen Markt aber mit den Billigvelos regelrecht überflutet, so dass nach der Pleite des Unternehmens Tausende Zweiräder nicht mehr gebraucht wurden. Die Schweizer Firma Umzug 24 sammelt die Velos seither in ganz Europa ein und verkauft sie. Damit soll zumindest ein Teil der Schulden gedeckt werden, welche die Firma O-Bike wegen nicht bezahlter Rechnungen beim Schweizer Unternehmen hat, das sich bis zum Konkurs um den Unterhalt der Drahtesel kümmerte.
Der Wiler Osman Tazik witterte hinter den plötzlich zu Tausenden verfügbaren Billigvelos ein Geschäft. Dutzende Velos stehen an der Säntisstrasse hinter dem Restaurant Bahnhöfli. Diese Velos hat Tazik in Absprache mit Umzug 24 selbst in Zürich eingesammelt und weitere vom Schweizer Unternehmen dazugekauft. Auf Facebook bietet er sie zurzeit für 50 Franken zum Verkauf an. Die Velos hätten eine gute Qualität und seien bequem, verspricht er. Das sehen Experten anders. Pro Velo Schweiz hat die Bikes getestet und kommt dabei zum Ergebnis, dass sie nur wenig alltagstauglich sind. Zu Fuss sei man häufig schneller als mit dem O-Bike und auch die Bremsen verdienten ihren Namen nicht, so das Fazit. Die mangelnde Bremsleistung hat im deutschen Bundesstaat Schleswig-Holstein zu einem Verkaufstop der Velos geführt. Die Gesundheitsbehörde bezeichnete die O-Bikes laut deutschen Medienberichten gar als lebensgefährlich.
Einer Darstellung, der Osman Tazik vehement widerspricht. Die Bremsen funktionierten gut, sagt er. «Es gibt andere Velomarken, die mit denselben Bremssystemen ausgerüstet sind.» In Deutschland, wo Tazik die Fahrräder ebenfalls verkauft hat und derzeit über eine Rückrufaktion diskutiert wird, äusserte er sich gegenüber einer Zeitung: «Ich werde kein einziges Fahrrad zurücknehmen und kein Geld zurückzahlen.» Generell sei die Qualität der O-Bikes sehr gut. Verkauft hat er in der Schweiz bisher aber nur wenige. Er gesteht denn ein, dass die gelben Flitzer mit nur einem Gang nicht unbedingt für die Schweiz geeignet seien, da es hier zu hügelig sei. Er werde deshalb versuchen, die Velos im Ausland zu verkaufen.
Angesichts der Sicherheitsbedenken im Nachbarland stellt sich die Frage, ob man die Velos zum Schnäppchenpreis guten Gewissens kaufen kann. Oder läuft man damit letztlich sogar Gefahr, eine Busse zu kassieren. Grundsätzlich würden in der Schweiz keine Tests durchgeführt, bevor Velos in den Verkauf gingen, sagt Daniel Bachofner, Leiter Verkehrssicherheit bei Pro Velo. Die Verantwortung liege beim Käufer beziehungsweise Fahrer. Wer etwa nicht über ausreichende Bremsen verfüge, könne also gebüsst werden. Aber: Die Chancen, dass man tatsächlich zum Portemonnaie greifen müsse, seien gering. «In der Regel verlangt die Polizei, die Mängel innert zwei Wochen zu beheben und verzichtet auf eine Busse.» Ausserdem seien Kontrollen von Velos eher selten. Bei einem Unfall müsse man aber damit rechnen, dass die Versicherung Regress nehme, wenn ein Velo nicht den Anforderungen entspreche. Das treffe aber längst nicht nur auf die O-Bikes zu.
In der Schweiz seien viele Velos mit schlechter Qualität auf den Strassen unterwegs. Zum O-Bike meint Bachofner: «Für den Preis darf man nicht viel erwarten.» Wer es für kurze Fahrten beispielsweise auf einem Campingplatz nutzen möchte, komme damit wohl zurecht. Für längere Fahrten auf der Strasse sei es hingegen eher ungeeignet. Es sei wohl auch keine Investition für die Zukunft. «Mehr als ein bis zwei Winter wird ein solches Velo wohl nicht überstehen.»