Das Wiler Parlament hat die Ausrufung des Klimanotstands beschlossen. Die Resolution der Grünen Prowil wäre in ihrer ursprünglichen Form aber wohl gescheitert. Eine Kompromisslösung fand jedoch eine Mehrheit.
23 Stimmen dafür standen 15 Gegenstimmen gegenüber. Kurz vor 22 Uhr am Donnerstagabend wurde der Klimanotstand in Wil Tatsache. Vorausgegangen war eine lange Diskussion. Unbestritten war bei allen Fraktionen und auch beim Stadtrat, dass es weitere Massnahmen im Kampf gegen den Klimawandel braucht. An der Frage, ob der Klimanotstand dafür das richtige Mittel ist, schieden sich jedoch die Geister.
Der Stadtrat betonte, dass man im Rahmen der kommunalen Energiestrategie 2050 bereits zahlreiche Massnahmen beschlossen habe. Wenn das Parlament weitere Schritte in diese Richtung wünsche, um das Erreichen der Ziele zu beschleunigen, stehe der Stadtrat dem positiv gegenüber. Der Klimanotstand ändere jedoch faktisch nichts.
Das sahen zu grossen Teilen auch FDP und SVP so. Die FDP setzte Fragezeichen hinter die einzelnen Punkte der Resolution, gab aber zu verstehen, dass sie bereit wäre, konkrete Massnahmen zu unterstützen, sofern dies keine Verbote oder Zwang beinhalte.
Die ursprüngliche Resolution von Guido Wick (Grüne Prowil) wäre im bürgerlich geprägten Wiler Stadtparlament wohl chancenlos geblieben. Denn auch der CVP ging das Ziel zu weit, bis 2030 auf dem Gemeindegebiet klimaneutral zu sein.
Dass der Klimanotstand letztlich doch ausgerufen wurde, lag an einem Änderungsantrag der CVP und dem Einlenken auf diesen der Grünen Prowil. Die Christdemokraten passten die Ziele der Resolution leicht an. Demnach sollen bis 2050 die Treibhausgasemmissionen auf dem Stadtgebiet auf netto 0 gesenkt werden. Zudem wird gefordert, dass die Stadt die Gletscherinitiative unterstützt, welche dasselbe Ziel in der Bundesverfassung verankern möchte.
Dieser geänderte Klimanotstand mit Wiler Prägung vermochte schliesslich Grüne Prowil, SP, CVP, GLP wie auch ein einzelnes FDP-Mitglied zu überzeugen. Damit ist Wil eine der ersten Städte der Schweiz, die den Klimanotstand ausgerufen hat.
Guido Wick behielt also Recht mit seiner Prognose im Vorfeld der Parlamentssitzung, wonach die Stimmung in der Klimadiskussion gekippt sei. Veranschaulicht wurde dies auch durch die Anwesenheit zahlreicher Jugendlicher im Parlament, die zuvor beim Alleeschulhaus die erste Klimademonstration in Wil durchgeführt hatten. Anders als noch vor einigen Wochen im St. Galler Kantonsrat verhielten sich die Klimaaktivisten während der ganzen Sitzung ruhig. Ihre Zustimmung zu einzelnen Voten taten sie lediglich in Form von Gesten kund. Transparente gab es erst nach der Sitzung vor dem Parlament zu sehen. Mit dem Spruch: «Klimanotstand jetzt! » feierten die Jugendlichen ihren Sieg. Dass die Ausrufung des Klimanotstands ohne die Klimabewegung nicht möglich gewesen wäre, bestätigte denn auch Guido Wick. «Ohne das Engagement der Jugendlichen wären die Forderungen in dieser Resolution nicht mehrheitsfähig gewesen», betonte er.