Radio Wil gibt es zwar schon seit manchem Jahr nicht mehr. Doch diese Woche wurde wieder aus der Äbtestadt gesendet. Primarschüler des Alleeschulhauses sind im Rahmen einer Projektwoche zu Moderatoren geworden. Ein Augenschein.
Hinter dem Alleeschulhaus in Wil erklingt laute Musik, die durch das ganze Schulareal hallt. Der Sound kommt aus zwei grossen schwarzen Lautsprechern, die an einem auffällig farbenfrohen Radiobus befestigt sind. Die Primarschüler haben für diese Woche ein besonderes Projekt geplant: Sie dürfen von Montag bis Freitag jeweils am Mittag für eine Stunde ihr eigenes Radioprogramm präsentieren. Die jungen Protagonisten tragen somit Verantwortung für ein journalistisches Produkt. Da sie in Gruppen zusammenarbeiten, lernen sie auch Kompromisse einzugehen und Konflikte zu lösen.
Die Stiftung Kinderdorf Pestalozzi stellt den Primarschülern für diese Woche einen voll ausgerüsteten Radiobus zur Verfügung. Sie werden dabei vom Team der Stiftung sowie zwei Lehrerinnen unterstützt. Die Schüler haben die Entscheidungsfreiheit, bestimmen die Themen, wann in der Sendung diese besprochen werden und welche Musik gespielt wird. Das Powerup-Radio wird auf einer eigenen UKW/DAB-Frequenz und im Internet ausgestrahlt.
Die Kinder versammeln sich kurz vor der Sendezeit um den Radiobus. Die Stimmung ist fröhlich. Im Vorfeld wurden Themen vorbereitet, welche die jungen Moderatoren persönlich interessieren und über die sie nun im Radio berichten.
Eine der Radiostimmen ist Maeva. Sie ist zehn Jahre alt und besucht die vierte Klasse im Alleeschulhaus. Das aufgeweckte Mädchen erzählt, dass zu ihren Hobbys das Singen gehört. Deshalb fällt es ihr auch leicht, vor anderen Menschen zu sprechen. Wenn jemand trotzdem nervös wird, gibt die quirlige Schülerin einen Tipp: «Man soll die Augen schliessen und sich selbst mehrmals sagen: ‹Ich schaffe das.›»
Maeva hat sich mit dem Thema Patchworkfamilie auseinandergesetzt und bereits im Radio darüber berichtet. Sie hat für einen weiteren Radiobeitrag ein Quiz vorbereitet. Auf die Frage, was die Primarschülerin während der Projektwoche verändert hat, antwortet sie:
«Ich habe gelernt, offener zu meinen Mitschülern und meinen Eltern zu sein.»
Elisa ist elf Jahre alt und geht in die fünfte Klasse. Auch sie gehört zu den Primarschülern, die beim Radioprojekt mitmachen. Das Mädchen wirkt schüchtern. Deshalb fällt es ihr schwerer, vor anderen zu sprechen. So erzählt sie, dass sie beim Radioprojekt lernt, deutlicher und lauter zu reden. Elisas Themen für die Projektwoche sind Pandas und Freizeittipps. Sie sagt:
«Wir dürfen im Radio sagen, was wir sagen wollen.»
Auch Adrian Strazza ist Teil des Projekts. Der Radiopädagoge arbeitet für die Stiftung Kinderdorf Pestalozzi und organisiert die Projektwoche. Dabei lehrt er die Kinder, wie man eine Radiosendung produziert. Das Projekt ist für Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 8 bis 18 Jahren geeignet. Die Stiftung gibt den Kindern mit dem Powerup-Radio eine Stimme und ermöglicht ihnen so, ihre eigenen Ideen und Meinungen öffentlich kundzutun. Wie viel Arbeit hinter einem dreiminütigen Radiobeitrag steckt, erfahren die Schüler und erleben einen Perspektivenwechsel.
Die Organisation verfügt über zwei mobile Radiobusse und einem Radiostudio im Kinderdorf. Die Stiftung fördert auch die Toleranz und Chancengleichheit der Schüler und fügt diese Themen in den Unterrichtsinhalt ein. Die Grundidee: Bei Radiobeiträgen geht es darum, sich mit anderen Menschen auseinanderzusetzen und so Vorurteile abzubauen. Gesagt, getan. Die Sendung läuft.