Früher gab es Bussen, heute gibt es nicht mal mehr einen Appell. In den 125 Jahren seines Bestehens hat sich beim Turnverein Münchwilen vieles verändert. Der letzte Akt war die Fusion der Riegen zu einem Gesamtverein.
Münchwilen. Es ist wie ein Ausflug in eine andere Welt, das Nachlesen der Chronik des Turnvereins Münchwilen, der in diesem Jahr 125 Jahre alt wird. Was man sich heute kaum noch vorstellen kann, war früher üblich. So musste jedes Aktivmitglied des Vereins ein Eintrittsgeld von einem Franken bezahlen und monatlich einen Beitrag von mindestens 40 Rappen. Mitglieder waren angehalten, regelmässig den Turnübungen sowie den Versammlungen beizuwohnen, ansonsten wurde eine Busse von 50 Rappen erhoben. Diejenigen, die um 15 Minuten zu spät kamen oder um die gleiche Zeit zu früh gingen, entrichteten eine Entschädigung von 20 Rappen.
Mit der Zeit gab es dann keine Busse mehr, sondern nur noch einen Zinnbecher für besonderen Fleiss. «Heute gibt es bei den Erwachsenen gar keinen Appell mehr in den Turnstunden. Wir gehen auch ohne gerne ins Training», sagt Urs Bommer lachend. Er ist seit längerem Präsident des TV Münchwilen. Auch beim 100-Jahr-Jubiläum vor 25 Jahren war er bereits mit dabei, allerdings noch in der Jugendriege.
Dass sich auch im vergangenen Vierteljahrhundert einiges geändert hat, kann der 34-Jährige bestätigen. Vor allem die Fusion vor drei Jahren, als die eigenständigen Riegen zu einem Gesamtverein wurden, habe die grösste Veränderung gebracht. «Die Abteilungen waren früher selbständig. Durch das Zusammengehen ist die Organisation viel einfacher geworden», sagt Bommer. Laut der Homepage des Turnvereins besteht der Verein aus acht Abteilungen: Jugend, Volleyball, Korbball, Turner, Turnerinnen, Männer, Frauen und Senioren.
Die erste Abteilung des Turnvereins waren die Aktiven, die heutigen Turner. Auch die Männerriege und die Jungturner bestanden schon früh. Erst im Jahr 1940 entstanden die Damen- und später dann die Frauenriege. Die Korbballabteilung praktiziert eine Sportart, die laut Bommer vor allem im Thurgau bekannt ist und oft in Turnvereinen ausgeübt wird. Die Riege ist häufig an Turnieren vertreten und veranstaltet Ende Oktober ein eigenes Turnier. Die meisten anderen Abteilungen reisen jeweils mit viel Freude an Wettkämpfe und Turnfeste.
Der Präsident gibt zu, dass der TV Münchwilen meist im Mittelfeld plaziert ist. Mit einem Lächeln fügt er an, dass sie dafür immer dabei seien, «und das ist die Hauptsache.» In den Jahren seit der Fusion sei man gemeinsam an die Turnfeste gefahren. Es sei auch ein Vorhaben für die Zukunft, dass gemischtes Turnen organisiert werde. Damit die jungen Mitglieder nicht verloren gehen, versucht der Verein, diese ab der dritten Oberstufe zu den Turnern zu holen. Eine Schwierigkeit sei die Rekrutierung von genügend Leitern, sagt Bommer. «Man muss sie überzeugen. Wir können nicht einfach ein Inserat schalten: <Leiter gesucht>.» Das Problem sei, dass die Jungen, die in Frage kommen, auswärts arbeiten oder wohnen. Aus Zeitgründen würden die meisten Leiter dann aber nicht mehr aktiv in einer Riege mitturnen, sondern nur noch leiten.
Auch die Infrastruktur im Umfeld des TV Münchwilen hat sich in den letzten Jahren verbessert. Mit der Sportanlage Waldegg und der Dreifach-Turnhalle sei ein idealer Trainingsort vorhanden, sagt Bommer. Das Material, das man vom Schulturnen mitbenützen könne, sei professionell. Früher habe man noch selbst Minitrampoline und Barren anschaffen müssen, da die vorhandenen nicht gut genug waren.