Sechs Monate trainierte der Hinterthurgauer Speedgolfer Jürg Randegger für seinen Weltrekord. Der Sirnacher schaffte es am Freitag auf dem Golfplatz in Niederbüren, in 11 Stunden und 22 Minuten genau 252 Mal einzulochen. Weltrekord. So ist sein Tag verlaufen.
Jürg Randegger steht um sieben Uhr morgens vor dem Klubhaus des Golfplatz Niederbüren. An Schlaf war in der vergangenen Nacht kaum zu denken. Er ist froh, als um Viertel vor fünf der Wecker klingelte. Nervös war Randegger nicht. Nur erleichtert, dass es endlich so weit war. Der Tag, worauf er sechs Monate lang hin trainierte. Der Tag, an welchem er einen Weltrekord im Speedgolfen aufstellen wollte. Die klare Vorgabe: Innert zwölf Stunden 250 Loch spielen.
Der angehende Rekordhalter gibt eine Stunde vor Spielbeginn ein kurzes Briefing: Für seinen Weltrekord braucht er rund ein Dutzend Helferinnen und Helfer. Unter anderem muss der Rekordversuch gefilmt werden und zwei Zeugen begleiten ihn. Dabei helfen ihm Vor-Caddies, die Bälle suchen oder sie machen andere Golfer auf Randegger aufmerksam.
Nach einem kurzen Einwärmen folgt pünktlich um 8 Uhr, unter den Zurufen seines Teams, der erste Schlag. Er ist schnell unterwegs. Zu schnell, erklärt Jürg Randeggers Frau Tanya. Für die erste halbe Runde benötigt er nur 17 Minuten. Zum Vergleich: Für gewöhnlich benötigen Golfer dafür zwei Stunden.
Doch nach der zweiten Runde scheint Randegger sein Tempo gefunden zu haben. Das Ziel ist es, eine Runde in 45 Minuten zu spielen. Tanya Randegger erklärt: «Wir haben damit gerechnet, dass er am Anfang zu schnell unterwegs sein wird. Wichtig ist, dass er ein gutes Tempo findet, damit er die zwölf Stunden durchhält.» Nach jeder Runde schnappt sich Randegger von einem der fünf Verpflegungsstände ein Stückchen Banane oder stärkt sich mit Buchstabensuppe. Für Randegger ist klar, möglichst auf Pausen verzichten zu wollen.
Doch nach der dritten Runde tritt ein neuer Gegner auf: der Regen. Zeitweise war Randegger mit Gilet bekleidet unterwegs. Seinem Spielfluss tat das keinen Abbruch.
Denn der 44-Jährige spielt seit seiner Kindheit Golf. Vor drei Jahren entdeckte er die Leidenschaft zum Speedgolf. Dabei werden die Distanzen zu den Golffeldern im Joggen oder Walken zurückgelegt.
Vor zwei Jahren wurde Randegger Schweizer Amateurmeister im Speedgolf. Ein Speedgolfturnier in seinem Stammgolfklub Erlen brachte ihn auf die Idee dieses Weltrekordversuches. Ihm wurde bewusst, dass er sich in einer Midlife-Crisis befand. Jürg Randegger sagt:
«Andere kaufen sich ein neues Auto. Ich dachte mir, warum nicht einen Weltrekord aufstellen?»
Der Hinterthurgauer trat an, um den Rekord von Eric Byrnes, einem ehemaligen, amerikanischen Baseballspieler, zu knacken. Dieser schaffte 245 Löcher. Weil jedoch der Rekord ungenügend dokumentiert war, wurde er nicht anerkannt. Randegger meldete sich frühzeitig bei Guinness und begann vor sechs Monaten mit dem Training. Zusammen mit seinem Laufcoach bereite er sich minutiös auf den Golf-Marathon vor.
Tanya Randegger war vom Vorhaben ihres Mannes nicht überrascht: «Wir sind beide etwas verrückt. Meine Unterstützung hatte er von Beginn an.» Doch sie ist froh, dass Randegger sein Langzeitprojekt geschafft hat. Es war ein Dauerthema: «Hier ein Wehwehchen, dort ein Wehwehchen.» Ein Lächeln umspielt Tanya Randeggers Lippen:
«Mit der Zeit wurde es anstrengend.»
Streng wird es für Jürg Randegger ab der neunten Runde. «Zwischenzeitlich war ich wie in einem Tunnel, habe nur noch auf den Boden geschaut und mit niemandem mehr gesprochen. Wirklich ans Aufgeben habe ich aber nicht gedacht», sagt Randegger später.
Besser wird es, als ein grosses Zwischenziel am Horizont auftaucht: 222 Löcher. Bei dieser Marke lag bis am Freitag der offizielle Weltrekord. Er ist nun Geschichte. Der Rest verkommt zur anstrengenden Kür bei immer schwieriger werdenden Verhältnissen. Denn der Regen wird stärker und sorgt dafür, dass das Wasser auf dem Golfplatz nicht mehr richtig ablaufen kann. Ans Aufgeben denkt der Sirnacher aber auch jetzt nicht.
Um Punkt 19.22 Uhr ist es dann so weit. Nach 11 Stunden und 22 Minuten ist die 14. Runde vollendet – und zum 252. Mal der Ball eingelocht. Aus, Amen, vorbei. Gross der Jubel. «Es tut mir alles weh, war aber weniger schlimm als befürchtet. Trotzdem habe ich mich mehr als einmal verflucht», sagt Jürg Randegger. Und ab geht es zu einer zuerst kalten, dann warmen Dusche. Ihn als Warmduscher zu bezeichnen, traut sich aber spätestens seit Freitag niemand mehr.
Mit dem Projekt wollte der Golfer nicht nur seine Grenzen austesten, sondern er sammelt damit für die Special Olympics. Bis am 15. Juni kann dafür auf lokalhelden.ch gespendet werden.