Ohne es spürbar zu merken, schrumpfen der Kanton St. Gallen und mit ihm die meisten Gemeinden der Region Wil – am markantesten Kirchberg und Neckertal. Einzig Flawil und Degersheim profitieren.
Simon Dudle
Auf einen Schlag ist der Kanton St. Gallen um zwei Fussballfelder kleiner. Dies ist dem neuen Koordinatensystem geschuldet, welches das im Jahr 1903 eingeführte und immer noch bestehende ersetzt und genauer ist. LV95 nennt sich die neue Landesvermessung, die auf satellitengestützten Daten basiert und zentimetergenaue Messungen einfliessen lässt. Der Kanton St. Gallen hat per Ende 2016 die Umstellungen auf den neuen Bezugsrahmen abgeschlossen. Ins Bild des gesamten Kantons St. Gallen passen auch die statistischen Werte von Wil und Umgebung. Nur gerade zwei Gemeinden auf St. Galler Kantonsgebiet profitieren von der neuen Vermessungsmethode: Flawil wird um 123 Quadratmeter grösser, Degersheim um 131. Alle anderen müssen Verluste in Kauf nehmen. Am meisten die Gemeinde Neckertal mit 593 Quadratmetern, gefolgt von Kirchberg mit 444. Mehr als 200 Quadratmeter abzutreten haben Uzwil, Oberuzwil, Niederbüren, Oberbüren und Bütschwil-Gantersch-wil. Praktisch keine Veränderung ergibt sich für die Stadt Wil, die gemäss LV95 um fünf Quadratmeter kleiner ist als vorher.
Alles in allem wird die Region Wil um knapp 2400 Quadratmeter kleiner. Dies entspricht etwa einem Drittel eines Fussballfeldes. «In der Realität ändert sich nichts, sondern nur auf dem Papier», sagt Kantonsgeometer Patrick Fäh. Rund 90 Prozent aller Parzellen seien von der Flächenänderung nicht betroffen. Die Schweiz vergrössert sich insgesamt. In Ost-West-Richtung ist sie drei Meter breiter als bisher in den Plänen abgebildet. Das ist ein Plus von 30 Hektaren. Den grössten Gewinn macht das Tessin, das einen Viertel dieser Fläche bekommt.
Für Wanderer ändert sich nicht viel, wie der Kanton St. Gallen in einer Mitteilung schreibt. Die Wanderkarte könne behalten werden, da die Änderungen den Inhalt der Karten kaum beeinflussen. Im Massstab 1:25000 entspricht eine Abweichung von 2,5 Metern in der Realität 0,1 Millimetern auf dem Papier.
Auf das neue Koordinatensystem umzustellen, kostet rund zwei Millionen Franken. An den Kosten beteiligen sich Bund, Kanton und Gemeinden. Insgesamt sind es rund 150 Datensätze, die auf kantonaler Ebene bearbeitet werden mussten. «Ein Datensatz bildet eine Karte oder einen Plan ab. Wie etwa einen Richtplan, eine Gefahrenkarte oder ein Gewässernetz», sagt Fäh. Hinzu kommen pro Gemeinde 10 bis 20 weitere Datensätze, darunter auch Zonenpläne.