Velokurier
Einkaufen ohne Schleppen: «Via Velo Wil» trägt monatlich 100 Lieferungen aus – mehr als in der Stadt St.Gallen

Seit über einem Jahr können sich die Wilerinnen und Wiler ihre Einkäufe mit einem Velo nach Hause liefern lassen. Die Stadt Wil ist mit den Nutzerzahlen zufrieden. Dennoch brauche eine neue Dienstleistung Zeit, heisst es auf Anfrage.

Sabrina Manser
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Ein Velokurier von «via Velo Wil» ist mit seiner Lieferung unterwegs.

Ein Velokurier von «via Velo Wil» ist mit seiner Lieferung unterwegs.

Bild: PD

In der Stadt einkaufen, ohne alles selbst zu schleppen: Für 3.50 Franken kann man sich in der Stadt Wil seine Einkäufe mit dem Velo nach Hause liefern lassen. Das Angebot wurde im April 2021 nach der Lockerung der Coronamassnahmen lanciert, um das lokale Gewerbe zu unterstützen. Auch die ökologische Verträglichkeit wurde angepriesen. Über ein Jahr später stellt sich die Frage: Wird der Velolieferdienst «via Velo Wil» überhaupt genutzt?

«Die Stadt Wil ist bislang zufrieden, ist sich aber auch bewusst, dass stets an der Optimierung des Services gearbeitet werden muss», sagt der städtische Energiebeauftragte Stefan Grötzinger auf Anfrage.

Hundert Lieferungen im Monat

20 Partnergeschäfte machen mittlerweile beim Velolieferservice mit. Darunter sind Grossisten wie Migros, Coop und Spar, aber auch Biofachgeschäfte, Blumenläden oder der Wochenmarkt. Über eine App kann die Lieferung erfasst werden, noch am selben Tag wird diese ausgeführt. Der Energiebeauftragte sagt: «Das Angebot hat sich in Wil bereits etabliert, aber es braucht auch Zeit, bis sich die Einkaufsgewohnheiten ändern und die Wilerinnen und Wiler den Vorteil des autofreien Einkaufens schätzen lernen.» Die hohen Benzinpreise würden sicher auch Effekte auf die Nutzungszahlen haben, sagt Grötzinger weiter.

In diesem Jahr wurden monatlich 100 bis 120 Lieferungen durchgeführt. Umgerechnet sind das pro Tag etwa vier Lieferungen. Im vergangenen Jahr habe die Zahl der Lieferungen seit der Einführung im April stetig zugenommen, so Grötzinger. Der Höhepunkt war im Dezember mit über 160 Lieferungen. Damals wurden Weihnachtsbäume kostenlos nach Hause gebracht.

Doch rentiert der Lieferservice? Das Angebot ist Teil der Modellstadt für nachhaltige Mobilität (Monamo) und wird vom Bundesamt für Energie unterstützt, so Grötzinger. Die Fahrten werden durch die Heimstätten Wil durchgeführt und mit 65 Prozent subventioniert. Der Kunde bezahlt 35 Prozent der effektiven Kosten.

In der Stadt St.Gallen bleibt der Boom aus

Auch in der Stadt St.Gallen gibt es ein solches Angebot. Dieses wurde vor zwei Jahren eingeführt, die Pilotphase dauert noch ein Jahr. Nur kommt das Projekt nicht wirklich zum Fliegen. Um das Angebot bekannter zu machen, wurde während dreier Monate gratis geliefert. Doch die Aktion scheint nicht sonderlich viel genützt zu haben. Im zweiten Betriebsjahr, also von August 2021 bis Mitte Juni 2022, gab es knapp 1000 Auslieferungen. Also monatlich etwa 90 Lieferungen – weniger als derzeit in Wil. Grund dafür könnte sein, dass in Wil Grossisten wie Migros und Coop mitmachen, in der Stadt St.Gallen nicht.

Der Energiebeauftragte der Stadt Wil sagt: «Die Nutzerzahlen liegen leicht über den Erwartungen.» Und dennoch:

«Neue Dienstleistungen brauchen ihre Zeit.»

Die Stadt Wil habe in Zusammenarbeit mit den Partnergeschäften eine Social Media Kampagne durchgeführt, um Kunden direkt vor dem Geschäft anzusprechen. Die Stadt Wil setzt zudem wie die Stadt St.Gallen auf Gratislieferungen, etwa im vergangenen Dezember. Zudem sind im September im Rahmen des grössten Velofestivals der Ostschweiz verschiedene Veloaktionen geplant. Dann sollen die Lieferungen ebenfalls kostenlos sein.

Wie es mit dem Angebot dann weiter geht, ist noch unklar. «Via Velo Wil» befindet sich derzeit in einer Pilotphase, die im April 2024 endet. In knapp zwei Jahren wird entschieden, wie es weitergeht, sagt Grötzinger.