Die Industriegemeinde wandelt sich. Und soll ein «urbanes Gesicht» erhalten. Dazu sind raumplanerische Fragen zu lösen. Stichworte sind Verdichtungen und Neubauten. Und die Zentrumsgestaltung, die noch immer auf sich warten lässt.
«Uzwil kann sich dem langsamen Wandel vom Dorf zur Stadt nicht entziehen», sagt Gemeindepräsident Lucas Keel. Stichworte dazu sind gesellschaftliche Veränderungen, Digitalisierung, höhere Mobilität, höherer Takt. Besucher orientierten sich am Lebensraum, der in stetem Wandel begriffen ist. Einkaufen alleine sei ein Thema. Doch am Ende entschieden mehrere Faktoren, das heisst die Summe verschiedener Massnahmen. Um den Weg hin zur Stadt zu beschreiten, sind laut dem Gemeindepräsidenten raumplanerische Fragen zu lösen. Unter anderem höhere Häuser, die den Strassenraum bestimmen. Ein solches Gebäude ist beispielsweise an der Gupfenstrasse schräg gegenüber dem Coop-Supercenter geplant. Dazu Verdichtungen und Neubauten, wie sie etwa bei der Umnutzung des Benninger-Areals oder in der Wiese im Niederuzwiler Grossacker geplant sind. «Doch eine Altstadt können wir nicht konstruieren», schränkt Keel ein.
Kurze Wege machten eine Stadt aus. Man könne aber nicht nur bauen, sondern müsse am richtigen Ort Freiräume, das heisst Grünflächen entstehen lassen. «Die Kunst liegt darin, Siedlung und Verkehr miteinander in Einklang zu bringen», betont Keel. Denn wenn verdichtet gebaut werde, gehöre die Verkehrserschliessung dazu. Er erwähnt auch die guten Anbindungen an den öffentlichen Verkehr und die Autobahn.
Visionen zur Zentrumsgestaltung liegen vor. Es handle sich um einen langen Prozess, der in Etappen abgewickelt werden müsse. Damit ein Zentrum lebt, was heute kaum der Fall ist, werde aber auch eine gewisse Masse von Leuten benötigt.
Die Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden funktioniere, ist der Gemeindepräsident überzeugt. So seien gemeinsam Lösungen erarbeitet worden. Etwa in der Spitex, bei der Feuerwehr oder im Abwasserbereich. Dazu seien Vertrauen und ein fairer Umgang miteinander nötig. Und diese Zusammenarbeit werde immer wieder auf die Probe gestellt. «Wir reden nicht überall mit einer Stimme», gesteht Keel.
Die Gemeinden im Lebensraum an der Uze – Uzwil, Oberuzwil und Oberbüren – erreichen zusammen eine Grösse von rund 25 000 Einwohnern. Und sind damit gleichauf mit der Stadt Wil. Trotzdem vermeidet Keel das Wort Fusion. Zu diesem Thema ist vor Jahren ein Papier mit dem Titel «Synergien an der Uze» erarbeitet und danach in der Schublade versenkt worden. Statt einer Fusion schwebt Lucas Keel eine themenorientierte Organisation vor. Eine Art Holdingstruktur, bei der die Autonomie der einzelnen Gemeinden gewahrt bleibt. Und je nach Projekt jeweils eine Kommune die Führung übernimmt. Dass Uzwil als fünftgrösste Gemeinde im Kantons zu wenig Beachtung finde, kann Keel nicht bestätigen.
Uzwil, das sieben Dörfer umfasst, hat eine sprunghafte Entwicklung erlebt. Die Einwohnerzahl stieg schnell von 8000 auf 10 000, dann auf 12 000 Einwohner. Es handelte sich um keine kontinuierliche, sondern um eine Gebietsentwicklung. Längere Zeit ist wenig gebaut worden. Zu beachten ist auch, dass komplexe Projekte heute eine Vorlaufzeit von fünf bis sieben Jahren benötigen. Einen Leerwohnungsbestand unter zwei Prozent erachtet Keel als nicht ideal. Die Nachfrage nach Wohnungen hänge von deren Qualität ab. «Doch es darf nicht sein, dass Wohnungssuchende abwandern, weil sie nichts Geeignetes finden.» Die geplanten Neubauten seien Grundstein, um diesen Mangel zu beheben.
Uzwil darf sich einer guten Infrastruktur rühmen, die aber auch viel Geld verschlingt. Dass die Gemeinde investieren kann, sei ein gutes Zeichen, meint der Gemeindepräsident. Doch müsse die öffentliche Hand vor allem dort Geld ausgeben, wo es sich für Private nicht lohnt. Keel erwähnt als Beispiel den Sport- und Sozialbereich, etwa die familienergänzende Kinderbetreuung. Am Ende sei die Gemeinde kein gewinnbringendes Unternehmen.
Der Gemeinderat hat Eckwerte definiert. Die Verschuldung soll 30 Millionen Franken nicht übersteigen, das Eigenkapital 10 Millionen nicht unterschreiten. 30 Millionen entsprechen rund 120 Steuerprozenten. Diese Verschuldung wird gemäss Finanzplan im Jahre 2021 erreicht. «Doch auch das Eigenkapital wird dann 13 Millionen Franken betragen», beantwortet Keel eine Frage nach der sich abzeichnenden Verschuldung, die während der Achtziger- und Neunzigerjahre 45 Millionen betragen hat und nur mühsam und mit Steuererhöhungen abgetragen werden konnte. Die damalige Situation sei nicht mit der heutigen zu vergleichen, die Parameter hätten sich verändert, betont Keel: «30 Millionen liegen an der unteren Grenze.» Doch sei Vorsicht angezeigt. «Wir müssen uns bemühen, haushälterisch mit den finanziellen Mitteln umzugehen.»
Der Gemeinderat verfolge eine kontinuierliche Steuerpolitik. Man versuche, strukturelle Defizite zu vermeiden. Die Finanzplanung gehe von der Annahme aus, dass alle geplanten Vorhaben auch realisiert werden. Doch verhalte es sich hierbei ähnlich wie bei der Aviatik, schränkt er ein: «Flüge werden manchmal überbucht. Im Wissen, dass nicht alle Passagiere an Bord erscheinen.» Schlanke Strukturen seien nötig, um die Ausgaben im Griff zu behalten. Die Gemeinde habe hinsichtlich Steuerkraft und Einwohnerzahl zugelegt. «Wir erwarten diesbezüglich eine positive Weiterentwicklung», sagt Keel. Doch müsse man Grenzen erkennen, fügt er hinzu: «Uzwil ist nun mal in manchen Bereichen nur durchschnittlich.»