UMSTRITTEN: «Unterstellungen weisen wir ganz klar zurück»

Die Wahl von Ruedi Schär zum Sachbearbeiter des neu zu schaffenden Infocenters Wil stösst nicht überall auf Gegenliebe. Stadtpräsidentin Susanne Hartmann nimmt Stellung.

Philipp Haag
Drucken
Stadtpräsidentin Susanne Hartmann ist auch Kulturvorsteherin der Stadt Wil. (Bild: Urs Bucher, 13.3.2015)

Stadtpräsidentin Susanne Hartmann ist auch Kulturvorsteherin der Stadt Wil. (Bild: Urs Bucher, 13.3.2015)

Philipp Haag

philipp.haag@wilerzeitung.ch

Aus rund 150 eingegangenen Bewerbungen wurde der Urwiler Ruedi Schär in einem 50-Prozent-Pensum als Sachbearbeiter des am 3. Januar 2017 startenden Infocenters in der Wiler Altstadt gewählt (Ausgabe von gestern). Pikant ist, dass Ruedi Schär bis vor wenigen Monaten Interimspräsident des Vereins Wil Tourismus war, der beim Stadtsaal die Tourist Info Wil betreibt. Da die Stadt Wil nun ein eigenes Infocenter aufbaut, sieht sich Tourismus Wil gezwingen, ihre Tourist Info Ende Dezember zu schliessen. Dem Personal wurde gekündigt. Stadtpräsidentin Susanne Hartmann nimmt Stellung zur Wahl und zu Vorwürfen.

Susanne Hartmann, weshalb wird diese Stelle einer pensionierten Person übertragen?

Ruedi Schär wird zwar im kommenden Jahr 65 Jahre alt, noch ist er aber nicht pensioniert. Doch dies nur am Rande, denn das Lebens- wie auch das Pensionierungsalter waren im Bewerbungs- und Stellenbesetzungsverfahren kein wesentliches Thema – im Zentrum des Prozesses standen stets die Qualifikation und Eignung für die Stelle.

Gab es unter den 150 Bewerbungen tatsächlich keine geeignete Person?

Unter den 150 Bewerbungen gab es im Gegenteil sehr viele geeignete Personen – insbesondere, was den einen Anforderungsbereich, sprich die Verwaltungstätigkeit und Administration anbelangt. Hier war die Auswahl notabene so gross, dass der Kreis der Bewerberinnen und Bewerber zwar eingeengt, aber noch kein abschliessender Entscheid gefällt werden konnte. Im zweiten Anforderungsbereich, nämlich betreffend «Kenntnisse der Stadt Wil und touristisches Herzblut», gab es aus unserer Sicht tatsächlich keine alternative valable Bewerbung. Unter den Bewerbenden hat Ruedi Schär ­diesbezüglich schlicht den mit Abstand grössten Rucksack mit­­­gebracht.

Es gibt Stimmen, die behaupten, der Entscheid sei bereits vor der Stellenausschreibung gefällt worden. Es ist von einem abgekarteten Spiel und von CVP-Filz die Rede.

Wir haben die Stelle öffentlich ausgeschrieben und breit publiziert – und innert der klar deklarierten Frist hat uns auch das Dossier von Ruedi Schär erreicht. Seine Bewerbung wurde anschliessend zusammen mit allen anderen gesichtet und beurteilt – sachlich und neutral. Alles andere ist eine Unterstellung, die wir ganz klar zurückweisen!

Mit der Ernennung von Ruedi Schär ist eine Zusammenarbeit mit dem Vorstand von Wil Tourismus so gut wie ausgeschlossen. Der Konflikt besteht weiter. Wäre es nicht besser gewesen, mit der Wahl einer anderen Person eine Beruhigung herbeizuführen?

Gegenfrage: Hätten wir auf das unbestritten grosse Netzwerk und das wertvolle Know-how von Ruedi Schär verzichten sollen, nur um die Beziehungen zu Wil Tourismus respektive dem neuen Verein, der sich daraus entwickeln wird, nicht zu strapazieren? Uns ging es wie gesagt alleine um die Sache und um den Tourismusbereich in Wil – auch wenn uns beim Personalentscheid natürlich bewusst war, dass diese Anstellung von Ruedi Schär nicht allseits auf pure Gegenliebe stossen wird. Zudem weise ich gerne noch einmal darauf hin, dass Ruedi Schär nur in einem Teilpensum angestellt ist – es wird also noch eine zweite Person im Infocenter geben.

Wie ist die Funktion von Ruedi Schär umschrieben?

Wie bereits ausgeführt gibt es zwei Aufgabenbereiche – einerseits Administration und Verwaltung sowie Betrieb einer Anlaufstelle für Einheimische, Besucherinnen und Besucher, und anderseits touristische Weiterentwicklung der Stadt Wil. Der erste Bereich umfasst Tätigkeiten wie die Abwicklung des Verkaufs von SBB-Gemeindetageskarten, die Organisation und Koordination von Altstadt- und Hofführungen, aber auch die Beratung und Betreuung von Gästen und Besuchenden der Stadt Wil, die mit touristischen Fragen zur Stadt Wil per E-Mail, per Telefon oder im direkten Schalterkontakt ans Infocenter gelangen, oder das Tourismusmarketing für die Stadt Wil und ihre touristische Infrastruktur. Des weiteren gehören die Organisation und Mitwirkung bei der Durchführung verschiedener städtischer Anlässe wie Bundesfeier oder Neuzuzügerbegrüssung zu diesem Aufgabenbereich.

Und welches ist der zweite Bereich?

Die touristische Weiterentwicklung der Stadt Wil ist eher projektorientiert. Hier geht es darum, innovative Ideen für spannende touristische Angebote zu entwickeln und diese auch umsetzungsreif auszuarbeiten. Dies kann neue Anlässe, aber auch touristische Angebote oder Infrastrukturen beinhalten.

Die andere 50-Prozent-Stelle des Infocenters soll mit der 40-Prozent-Stelle in der Kommunikation kombiniert werden. Wie soll dies genau funktionieren? Wird dadurch die Infocenter-Stelle durch die Kommunikationsstelle subventioniert? Oder gibt es eine klare Trennlinie?

Klar ist: Das Parlament hat 40 zusätzliche Stellenprozente für die Fachstelle Kommunikation gesprochen, um diese departementsübergreifende Querschnittsfunktion mit einer Assistentin oder einem Assistenten verstärken zu können. Zudem hat das Parlament ein 100-Prozent-Pensum für den Bereich Tourismus bewilligt. Und diese beiden Stellen werden auch in diesem Sinn besetzt. Dabei gibt es inhaltliche Berührungspunkte, wie in der obigen Antwort ausgeführt: Zu den Aufgaben des Infocenters gehört auch das Tourismusmarketing – eine klassische Kommunikationstätigkeit. Dies hat schliesslich dazu geführt, dass sich verschiedene Personen auf die Ausschreibung der Sachbearbeiterstelle Infocenter beworben haben, die von ihrer Ausbildung oder ihrem beruflichen Werdegang her einen Marketing-, PR- oder Kommunikationshintergrund haben. Da muss es doch erlaubt sein, zu prüfen, ob sich nicht beide Fliegen mit einer Klappe schlagen lassen – nämlich eine dieser Personen für die Stelle im Infocenter einzustellen, für die sie sich ja auch beworben haben, und gleichzeitig zu schauen, ob diese Personen sich auch für die Tätigkeit in der Fachstelle Kommunikation eignen würden.

Wie sieht das weitere Vorgehen aus?

Wie gesagt – es geht vorerst um eine Prüfung dieser Möglichkeit, denn unter den Bewerbungen waren auch viele Kandidatinnen und Kandidaten, die sich mit einem KV-Hintergrund insbesondere für den Administrations- und Verwaltungsteil des Infocenters eignen und für den Bereich Kommunikation weniger in Frage kommen, so dass diese «doppelte Anstellung» keinen Sinn machen würde. Es ist denn auch vorgesehen, die Assistentenstelle für die Fachstelle Kommunikation anfangs 2017 noch öffentlich auszuschreiben, um auch hier letztlich die geeignetste Person finden und anstellen zu können.

Das Interview wurde infolge Ferienabwesenheit von Stadtpräsidentin Susanne Hartmann schriftlich geführt.