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Auch wenn der FC Wil derzeit auf dem sensationellen zweiten Platz steht, bleibt
Wil-Trainer Konrad Fünfstück auf dem Teppich. Er hat mit dem Club schon ganz andere Zeiten erlebt. Vor dem letzten Spiel der Vorrunde gegen Lausanne, zieht er Bilanz.
Vor ziemlich genau einem Jahr stand Konrad Fünfstück mit dem FC Wil auf dem letzten Platz der Challenge League. Sechs Monate nach Beginn seines Engagements als Cheftrainer stand der Deutsche bereits wieder vor dem Aus. Die Clubverantwortlichen um Verwaltungsratspräsident Maurice Weber hielten aber an Fünfstück fest; auch weil sie nach der verhängnisvollen Türken-Ära wieder Konstanz in den Verein bringen wollten.
Rückblickend war es die richtige Entscheidung. Nach einigen Kaderanpassungen in der Winterpause legte Fünfstück mit den Abtestädtern ein beeindruckendes 2018 hin. In der Jahrestabelle ist Wil knapp hinter Servette auf Rang zwei klassiert.
Die aktuelle Tabellensituation zeigt dasselbe Bild: Die Wiler stehen hinter den Genfern auf dem Barrage-Platz. Und dass, obwohl sie zu Saisonbeginn als Abstiegsanwärter abgetan wurden. Fünfstück spricht von einem «Riesenjahr».
Gleichzeitig mahnt er aber zur Vorsicht: «In der Challenge League gibt es keine schlechte Mannschaft. Wir müssen weiter wachsam sein. Das neue Jahr kann in jede Richtung laufen.» Wenig später ergänzt er: «Es wird schwierig sein, Servette und Lausanne zu bremsen.» Gegen das zweitgenannte Westschweizer Team wird Wil am Sonntag um 14.30 Uhr in der IGP-Arena antreten. Im letzten Spiel der Hinrunde geht es ums Überwintern auf dem Barrage-Platz.
Das Saisonziel des FC Wil ist trotz allem weiterhin der Klassenerhalt. Man will die Fehler der grössenwahnsinnigen türkischen Führung nicht wiederholen und schon vorzeitig abheben. Fünfstück:
«Ich weiss, die Medien würden von mir gerne hören: ‹Wir steigen auf!›, aber das bin ich nicht. Wir haben uns bewusst wieder realistische Ziele gesetzt.»
Der FC Wil ist nach wie vor ein fragiles Gebilde. Auch wenn der ehemalige Geldgeber aus der Türkei auf die investierten 18,5 Millionen Franken verzichtet hat, sind die Finanzen des Clubs nicht gesundet. Wil muss in allen Bereichen haushälterisch mit dem Geld umgehen. «Wir nähen an der Kante. Aber die Nähmaschine läuft gut», sagt Fünfstück mit einem Schmunzeln.
Das knappe Budget beschneidet vor allem die Aktivität auf dem Transfermarkt. Gerade im Winter könnte das Konsequenzen haben. Durch den Erfolg hätten einige Spieler das Interesse anderer Clubs geweckt, sagt Fünfstück. Bei allfälligen Abgängen könnte der Verein nur bedingt reagieren. Dass der FC Wil zum Selbstbedienungsladen verkommt, glaubt Fünfstück jedoch nicht:
«Es gibt derzeit nicht viele Gründe, von Wil wegzugehen. Wir sind eine verschworene Gruppe.»
Neuzugänge sind im Augenblick ebenfalls keine geplant. Fünfstück sagt: «Wenn wir aufgrund von Transfers nicht gezwungen werden, nehmen wir keine Kaderänderungen im Winter vor.»
Die transferpolitischen Entscheide treffen derzeit Verwaltungsratspräsident Weber und Fünfstück. Auch in naher Zukunft werden die Ostschweizer ohne Sportchef agieren. Wil ist der einzige Club im Schweizer Profi-Fussball, der diesen Posten unbesetzt lässt.
Benjamin Fust, Geschäftsführer des FC Wil, macht jedoch deutlich, dass der Verein mit der jetzigen Lösung nicht zufrieden ist. «Es hat nicht oberste Priorität, aber wir befassen uns mit dieser Thematik. Wir befinden uns allerdings auch in einer Situation, wo man sich nicht einfach einen guten Sportchef aus dem Hut zaubern kann.»
Da sind sie wieder, die Geldprobleme. Bei aller Bescheidenheit stellt sich deshalb die Frage: Wäre es für den finanziell angeschlagenen FC Wil rechtlich überhaupt möglich, aufzusteigen? Anscheinend schon. Wil hat jedenfalls angekündigt, sowohl die Super-League- wie die Challenge-League-Lizenz anzufordern. Da Präsident Weber seit längerem einen Stadionausbau geplant hat, könnte sich Wil eine Spezialbewilligung einholen, die den Aufenthalt in der höchsten Schweizer Liga zumindest temporär gewährleistet.