Schiefe Töne: Musikstreit in Niederuzwil endet mit der Entlassung der langjährigen Organistin

Die Vorsteherschaft der Evangelischen Kirchgemeinde Niederuzwil hat das Arbeitsverhältnis mit Organistin Oxana Peter per 1. Juni 2019 beendet. Sehr zum Bedauern der Musikerin.

Philipp Stutz
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Oxana Peter hat die Gottesdienste der Evangelischen Kirchgemeinde Niederuzwil während zehn Jahren musikalisch umrahmt. (Bild: Philipp Stutz)

Oxana Peter hat die Gottesdienste der Evangelischen Kirchgemeinde Niederuzwil während zehn Jahren musikalisch umrahmt. (Bild: Philipp Stutz)

«Verschiedene Vorkommnisse haben uns zu diesem Schritt gezwungen», sagt Valentin Arnold, Präsident der Evangelischen Kirchgemeinde Niederuzwil. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wollte er auf Einzelheiten aber nicht eingehen. Die Kirchenvorsteherschaft habe in den vergangenen zwölf Monaten wiederholt mit Oxana Peter das Gespräch gesucht. Zeitweise sei man auch von einem externen Coach bei der Lösungsfindung unterstützt worden. Da die Organistin jedoch nicht bereit gewesen sei, mit der Kirchenvorsteherschaft zu kooperieren, habe sich die Kirchbehörde entschlossen, das Arbeitsverhältnis mittels einer Vereinbarung aufzulösen.

«Wir haben mehrere Gespräche geführt, die leider zu keiner Einigung geführt haben.»

Über eine Neubesetzung der Organistenstelle will die Kirchenvorsteherschaft zu gegebener Zeit wieder informieren.

Arbeitspensum wurde laufend reduziert

Oxana Peter ist seit zehn Jahren als Organistin und seit vier Jahren als Chorleiterin in Niederuzwil tätig und zeigt sich enttäuscht: «Noch vor kurzem hat man mich für meine Diensttreue gelobt.» Ihr Pensum sei in den vergangenen Jahren laufend reduziert worden, was für sie mit finanziellen Einbussen verbunden gewesen sei. Das nicht fixe Pensum sei von Jahr zu Jahr neu bestimmt worden, sagt Valentin Arnold. Über die Jahre betrachtet, hätten die Einsätze der Organistin abgenommen, bestätigt er. Konnte die Kirchenmusikerin vor zwei Jahren noch 27 Gottesdienste begleiten, waren im laufenden Jahr nur noch deren 16 geplant.

Die Organistin erwähnt weiter, dass Differenzen mit einem der beiden Pfarrer entstanden seien. So sei sie nur noch wenig zum Einsatz als Organistin gekommen.

«Die Gottesdienste waren zunehmend freikirchlich geprägt. Ich fühlte mich an den Rand gedrängt.»

Solche Gottesdienste mit Anrufungen, Lobpreisungen, Auftritten von Bands und Laiensängerinnen kommen bei eher traditionell ausgerichteten Kirchgängern nicht immer gut an, finden aber ebenfalls ihre Anhänger.

Organistin durfte sich an Versammlung nicht äussern

Diese Problematik kam auch an der Bürgerversammlung im März dieses Jahres zum Ausdruck. Damals hatten sich mehrere Votanten vehement mit dem Thema Kirchenmusik auseinandergesetzt. Dabei prallten grundverschiedene Ansichten aufeinander. Die einen verlangten mehr traditionelle und weniger populäre Kirchenmusik. Orgelmusik käme zu wenig zum Zug und werde oft ganz verbannt, lautete ein anderer Einwand.

Die anwesende Organistin, die sich direkt angesprochen fühlte, wollte sich in der allgemeinen Umfrage ebenfalls zum Thema äussern. Das wurde ihr vom Kirchenpräsidenten verwehrt, weil sie kein Stimmrecht in der Kirchgemeinde besitzt. «Nichtmitglieder haben laut den gesetzlichen Rahmenbedingungen kein Rederecht», betont Arnold.

Ausgewiesene Musikerin und Konzertpianistin

Oxana Peter ist eine ausgewiesene Musikerin und stammt aus der Ukraine. Sie studierte im Hauptfach Klavier am Konservatorium in Odessa. Erfolgreich beendete sie 1994 das Studium als diplomierte Konzertpianistin und Korrepetitorin. Oxana Peter lebt seit 2001 in Niederbüren und tritt regelmässig als Solistin oder Begleiterin bei Konzerten auf; sie begleitet zudem Meisterkurse sowie Opernproduktionen. «Wir möchten an dieser Stelle festhalten, dass die Qualität des Orgelspiels von Frau Peter zu keinem Zeitpunkt Anlass für Kritik war», betont Valentin Arnold.

Oxana Peter wird den evangelischen Kirchenchor Niederuzwil-Oberuzwil weiterhin leiten. «Der Chor liegt mir am Herzen», sagt sie. Auch wird sie als Organistin im nächsten Jahr einige Gottesdienste in Oberuzwil begleiten.

Wenig Verständnis für Kündigung

«Ich kann das Vorgehen der Kirchenvorsteherschaft nicht verstehen», resümiert sie. Und weist auf zahlreiche Rückmeldungen hin, die sie erhalten hat.

«Viele Leute haben meinen Weggang bedauert und mir Mut zugesprochen.»

Dazu zählt Esther Schneebeli. «Mit Bedauern und Traurigkeit stelle ich fest, dass in unserer Kirchgemeinde ein Musikkrieg im Gange ist, der offenbar nicht zu stoppen ist», schreibt sie in einem Leserbrief. Dass der Organistin – einer begnadeten Musikerin – gekündigt worden ist, kann Esther Schneebeli nicht verstehen: «Wenn in unserer Kirchgemeinde derart hartherzige Entscheide fallen, wo auf unserer Welt soll denn noch Versöhnung und Frieden geschehen?»