Der Kurs am Montag in der Psychiatrischen Klinik Wil setzte sich mit dem Thema einer schweren Kindheit auseinander. André Böhning zeigte auf, dass auch aus einer schwierigen Kindheit positive Ressourcen gezogen werden können.
Wohl auch dank des etwas provokativ anmutenden Titels «Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit» war das Interesse am vergangenen Montag gross. So besuchten über 100 interessierte Besucher den Kurs am Montag in der Psychiatrischen Klinik.
André Böhning, Philosoph, Seelsorger und Referent an diesem Abend, wählte bewusst diesen Titel. «Die Kindheit ist unbestritten eine prägende Lebensphase. Darin werden viele Weichen für die Zukunft als Erwachsener gestellt: emotionale und soziale Kompetenz, Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein, Familien- und Weltbild und vieles mehr sind darin enthalten», so Böhning. Das Publikum im Hörsaal kam in den kurzen, aber intensiven Genuss eines in mehrere Sequenzen aufgeteilten Vortrags. Dass das Thema aktuell ist und wohl die meisten in irgendeiner Form betrifft, zeigte sich nicht nur anhand des grossen Besucheraufmarsches, sondern auch in der späteren Fragerunde, in der einige Fragen gestellt und bearbeitet wurden.
Die Formel, dass eine glückliche Kindheit auch ein glückliches Erwachsenenleben begründet oder eben eine schwierige Kindheit notgedrungen spätes Glück verhindert, sei in dieser Absolutheit falsch. André Böhning gelang es, einen Überblick über den wissenschaftlichen Stand in Psychologie, Pädagogik und Soziologie zu schaffen. Mit seinen praktischen Beispielen zeigte er auf, wie man die eigene Vergangenheit, inklusive einer etwaigen schwierigen Kindheit, als positive Ressource verstehen und nutzen kann. Es war ihm jedoch zu Beginn des Vortrags ein Anliegen, den Gästen zu erklären, dass sein Referat nicht geeignet sei, um etwelche Traumata wie etwa Kriegserfahrungen oder Sexualdelikte zu verarbeiten.
Vielmehr wurde ein schmerzlicher Verlust während der Kindheit, sei es denjenigen eines Menschen oder auch der eines Tieres, behandelt. Man könne es nicht genug sagen. Miteinander reden, zuhören, aufeinander zugehen, das seien wichtige Meilensteine eines glücklichen Lebens, denn es vereinfache die banalsten Dinge im Alltag. Sprüche wie «Du hast ja nur einen Kopf, um Haare zu schneiden», auch wenn sie nicht unbedingt ernst gemeint seien, könnten in einer Kinderseele tiefe Wunden hinterlassen. Auch der Aspekt der heutzutage fast unumgänglichen «Social Medias» wie Facebook oder Twitter, beeinflussen den Menschen immer mehr – auch negativ. André Böhning gelang es, mit Beispielen aus dem Leben und einigen literarischen Inputs aus Büchern, die Zuhörer in seinen Bann zu ziehen. Edith Scherer, Angehörigenberaterin der Psychiatrischen Klinik, äusserte sich positiv: «Nicht nur das Gehörte, auch der grosse Zulauf hat mich gefreut. Wir haben heute mit weniger Besucher gerechnet, umso zufriedener sind wir, wenn sich der Hörsaal so gut füllt», sagte sie. Im vergangenen Jahr besuchten total 1260 Besucher die Kurse am Montag.