Marcello Albasini arbeitet derzeit als sportlicher Leiter für ein Entwicklungsprojekt des Radsport-Weltverbandes UCI und für das Continental-Team Vorarlberg Santic.
Urs Huwyler
«Mit Leidenschaft etwas bewegen und Freude an der Arbeit haben», so lässt sich – vereinfacht ausgedrückt – die Philosophie des Radsport-Fachmannes Marcello Albasini mit Wiler Wurzeln beschreiben. Ob als Sportlicher Leiter in World Tour-Sportgruppen, Verantwortlicher für das Nachwuchsprogramm bei USA-Cycling, Nachwuchsförderer, Trainer oder Konzeptentwickler, jobben ohne Leidenschaft liegt dem Vater von Radprofi Michael Albasini nicht, beziehungsweise fern.
Wäre es anders, würde der Lanterswiler seit anfangs Januar nicht mehrheitlich im spanischen Galpe leben. Marcello Albasini versucht dort auf Wunsch der Verantwortlichen, wieder Schwung in ein Projekt des Weltverbandes UCI zu bringen. Hoffnungsvolle Fahrer aus Nicht-Radsportnationen wie beispielsweise Panama sollen zu konkurrenzfähigen Rennfahrern geformt werden. «Die Besten werden vielleicht einen Vertrag bei einer Sportgruppe erhalten, die andern in ihr Heimatland zurückkehren», sagt der Chef.
Gesucht hat er das Engagement bei der UCI nicht, «doch das schon seit einiger Zeit bestehende Projekt ist spannend. Am nächsten Wochenende starten wir an einem kleinen Rennen, das rund 100 Kilometer von Galpe entfernt ist. Die Fahrer müssen zu Beginn der Saison wieder in einen Rennrhythmus kommen», erzählt der Weltenbummler in Sachen Radsport. Die Radfahrer vertrauen auf Marcello Albasini und wollen trotz der verschärften Bedingungen mitziehen. Wer dazu nicht bereit ist, wird ausgemustert. Sollte es bis Sommer nicht gelingen, das Projekt neu aufzugleisen, wird es wohl von oberster Stelle beendet.
Die Ausgangslage für die unbekannten Mitglieder des UCI-Teams ist sportlich keineswegs schlechter als jene des Vorarlberg Profi-Radteams, dem einst auch der Sirnacher Radprofi Reto Hollenstein angehört hatte. Für die Continental-Mannschaft scheint es offensichtlich immer schwieriger, bei grösseren Rennen unterzukommen. «Mit der UCI-Equipe kann ich beispielsweise an allen nationalen französischen Rennen starten, mit Vorarlberg nicht. Das erschwert die Planung.» Auch der im dritten Jahr bei Vorarlberg unter Vertrag stehende Hemberger Patrick Schelling bräuchte Gelegenheiten, sich mit den Besten zu messen, um bei höherklassigen Teams (wieder) zum Thema zu werden.
Marcello Albasini versuchte eine Startgelegenheit bei einem italienischen Halb-Klassiker zu erhalten. Für 25000 Franken wäre es möglich gewesen. «Doch das können wir uns bei einem Budget von rund 500000 Euro nicht leisten», musste Vater Alba nicht lange überlegen. Anders in Kroatien. Dort hängt die Starterlaubnis davon ab, ob das Hotel für zehn Tage gebucht wird. Obwohl es nur sechs oder sieben Renntage sind. «So läuft das heute», fügt das wandelnde Rad-Lexikon an.
UCI und Vorarlberg wissen als Arbeitgeber um das Radsport-Doppelleben des ehemaligen Schweizer Junioren-Nationaltrainers. «Derzeit pendle ich mit Kurzstopps zu Hause zwischen den beiden Teams und einzelnen Ländern hin und her. Interessenkonflikte und Überschneidungen gibt es wegen der unterschiedlichen Ausgangslage nicht. Sollten beide Sportgruppen irgendwann im gleichen Rennen starten, werde ich wohl keines von beiden betreuen», sagt Marcello Albasini.
Das Doppelleben Familie und Radsport beschäftigt den 60-Jährigen. «Ich bin viel von zu Hause weg. Irgendwann werde ich mich wohl zwischen UCI und Vorarlberg entscheiden müssen.» Und was wäre bei einem Angebot eines UCI World Tour Teams? «Es käme drauf an, ob sich etwas bewegen liesse, ich Freude an der Aufgabe hätte. Nur tagelang im Auto mitfahren, das brauche ich nicht mehr.»