Perfektion aus dem Armenhaus

Die moldawische Akkordeonformation Concertino sorgte am Samstagabend in der katholischen Kirche von Degersheim. für Unterhaltung. Die zehn Berufsmusiker beeindruckten bei ihrem knapp 90minütigen Auftritt Experten und Laien.

Deborah Rutz
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Die Formation Concertino aus Moldawien baute mit dem Einbau von Pausen innerhalb der Stücke immer wieder Spannung auf. (Bild: dru.)

Die Formation Concertino aus Moldawien baute mit dem Einbau von Pausen innerhalb der Stücke immer wieder Spannung auf. (Bild: dru.)

DEGERSHEIM. Moldawien gilt als eines der ärmsten Länder in Europa. Der Binnenstaat, der an Rumänien und die Ukraine grenzt, hat seit seiner Loslösung von der damaligen Sowjetunion im Jahr 1991 mit grossen Problemen zu kämpfen und wird auch als ein Armenhaus Europas bezeichnet.

Eine Möglichkeit, um der Tristesse zu entfliehen, ist die Musik, welche an der Kunstakademie in der Hauptstadt Chisinau studiert werden kann. Genau das haben die zehn Mitglieder des Ensembles Concertino, welches am Samstagabend in der katholischen Kirche von Degersheim aufspielte, getan.

Mehrere stehende Ovationen

Der Auftritt der Osteuropäer war für alle beeindruckend. Die Laien wurden mit verschiedenen Musikstilen gut unterhalten. Auch die Zuhörer mit vertieftem Verständnis von der Materie waren angetan vom Auftritt. So etwa Silvia Schönenberger, die Leiterin des Degersheimer Handharmonika-Clubs, welcher als Vorgruppe aufgetreten war. «Ich bin beeindruckt und finde fast keine Worte dafür. Vor allem die schnellen Finger und das Zusammenspiel haben mir imponiert», sagte Schönenberger.

Anderen dürfte es gleich ergangenen sein. Bereits recht früh und in der Folge mehrfach erhoben sich die rund 200 Gäste in der katholischen Kirche von den Bänken, um der Formation mit stehenden Ovationen Anerkennung zu zeigen. Die Zuhörer dankten auf diese Art für einen Auftritt, der mit zunehmender Dauer an Dynamik gewann. Waren die Stücke zu Beginn von Melancholie geprägt und somit passend zur immer dunkler werdenden Jahreszeit, so erhöhte sich das Tempo in der Folge immer mehr. Es war keine Show, was in einer Kirche auch nicht passend gewesen wäre, aber gute Unterhaltung. Die Formation variierte die Tempi, baute so manch überraschendes Element ein und spielte Stücke, in denen es oft mehrere Wendungen gab. Oder um es in den Worten von Silvia Schönenberger zu formulieren: «Der Witz war beeindruckend. Teilweise war in einem Stück jeder fünfte Takt wieder etwas Neues.» Es wurde ersichtlich, wie professionell bei dieser Formation gearbeitet wird. Die Musikanten nahmen beim Spiel Rücksicht aufeinander, wippten im Takt und verzogen auch bei anspruchsvollen Passagen keine Miene.

Unterhaltung zum Nulltarif

So zogen hinterher alle zufrieden von dannen in den frischen Samstagabend. Die Zuhörer hatten gute musikalische Unterhaltung zum Nulltarif konsumieren können. Dies lag daran, dass das Konzert vom «Akkordeon 100er-Club» unterstützt wurde. Dieser war Anfang der 1990er-Jahre gegründet worden und hat sich zum Ziel gesetzt, das gesammelte Geld in Veranstaltungen wie jene am Samstagabend zu investieren. In einer Kollekte wurde beim Ausgang Geld gesammelt. Diese füllte sich gut, was auch ein Zeichen dafür war, dass es den Zuhörern gefallen hatte.