Öhrenhöhe in Flawil: Wenn der Mann beim Heiratsantrag einschläft

Mit ihrem neuen Programm «Vom Hochschlaf zum Tiefschlaf» gibt die Autorengruppe Ohrenhöhe Tipps zum gepflegten Schlafen. Oder das Umgekehrte: Wie man verhindert, einzuschlafen.

Michael Hug
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Das gemeinsame Bett als Bühne: Die Ohrenhöhe-Dichtenden Helen Knöpfel, René Oberholzer und Eva Philipp. Bild: Michael Hug

Das gemeinsame Bett als Bühne: Die Ohrenhöhe-Dichtenden Helen Knöpfel, René Oberholzer und Eva Philipp. Bild: Michael Hug

Ein bisschen verdichtete Ironie vor dem Einschlafen kann nicht schaden. Nur möglichst nicht vor der Zugabe wegdämmern. Erst nachher, nach dem vierstündigen Programm mit Diner und Dichtung ist Schlafen angebracht. Doch bitte nicht schon auf dem Nachhauseweg.

Dazu bestand aber keine Veranlassung. Das Publikum im Atelier am Goldbachweg war dermassen aufgeweckt, dass an Schlafen vorläufig nicht zu denken war. Auch wenn da und dort, nachdem vom Schlafen im Allgemeinen und dem Verhindern oder Fördern dessen im Besonderen die Rede war, ein verstecktes Gähnen manchen übermannte. «Gähnen ist ansteckend!» mahnte «Ohrenhöhe», es gibt Situationen, da ist es nicht angebracht.

Einschlafen beim Autofahren

Doch es gibt auch Situationen, so meinte Dichterin Eva Philipp, da muss das Einschlafen unbedingt verhindert werden. Beim Einsatz als Wachposten an der Ostgrenze zum Beispiel oder beim Autofahren: «Ich ohrfeigte mich, bohrte meine Fingernägel in die Handflächen, ich stieg aus und schlug meinen Kopf an einen Baum, doch es waren nur ein paar Kilometer rauszuholen.» Zu Hause dann die Frage, was denn mit ihr passiert sei: Sie hatte blutige Hände, eine gebrochene Nase und ein veritables Feilchen am rechten Auge.

«In der Nacht träumte ich, du lägest neben mir. Dann wachte ich auf, und sie lag neben mir.» René Oberholzer

Noch drastischer erfuhr der Protagonist in Helen Knöpfels Geschichte von den Gefahren des Schlafs in einer zerrütteten Ehe. Ein nächtlicher Streit im Schlafzimmer geriet dermassen ausser Kontrolle, dass die Nachbarn «Ruhe!» schrien. Da griff die Frau zum Kissen: «Die Frau hielt das Kissen mit aller Kraft auf das Gesicht. Er strampelt. Die Frau hält still. Ihr Mann wird still.» Wohl für immer.

«Vom Hochschlaf zum Tiefschlaf» ist das neue Programm der bereits vor 28 Jahren in Wil gegründeten Autorengruppe «Ohrenhöhe». Regelmässig, zum letzten Mal vor eineinhalb Jahren, beehren Helen Knöpfel, Eva Philipp und René Oberholzer auch Flawil, den Wohnort von Helen Knöpfel.

Schlaf und Antischlaf

Nebst Anleitungen zu Schlaf und Antischlaf dichteten die Drei diesmal mehr oder weniger Sinnhaltiges zum Thema Bett und dessen Umgebung: «Frau Bettina», «Lobett den Herrn», «Babette» oder «Pabetterie» hiessen die Affichen. «Schlafwandeln trainiert den Orientierungssinn!», meinte das Trio lapidar. Wiederum war auch James Bond mit ein Thema: «Ein Quantum Baldrian», «Gähn an einem anderen Tag» oder «Man schnarcht nur zweimal».

«Mein Traumprinz war früher jünger. Vielleicht sollte ich aufhören, mit billigem Rotwein einzuschlafen.» Helen Knöpfel

Es gab auch spannende Geschichten zu hören. Zum Beispiel die des Paares von Helen Knöpfel, in der die Verliebte schon seit Jahren auf den erlösenden Antrag des Verliebten wartete. Doch der schläft in Situationen, in der das angebracht wäre, regelmässig ein. Da dreht die junge Frau den Spiess einfach um und formulierte den Heiratsantrag selbst. Doch da schlief ihr Verlobter wiederum einfach ein.