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19 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der ganzen Welt absolvieren zurzeit den Diplomkurs Futtermitteltechnik. Dafür verbringen sie insgesamt zwei Monate in Uzwil. Drei Studierende sprechen über ihre Erfahrungen.
Die geistige Nahrung, welche die Schule für Futtermitteltechnik (SFT) anbietet, lockt Wissenshungrige aus der ganzen Welt nach Uzwil. «In unserem Diplomkurs geht es um die Technologie von Maschinen und Anlagen zur Produktion von Futter für Nutztiere wie Kühe oder Schweine», erklärt Gero Zimmermann, der stellvertretende Schulleiter. Es sind meist Berufstätige des mittleren oder oberen Kaders aus der Futtermittelindustrie, die während zwei Monaten, im April und im Oktober, in Uzwil auf dem Bühler-Campus unterrichtet werden. Vor diesen beiden Blöcken absolvieren sie von Zuhause aus einen jeweils sechswöchigen Fernkurs. Diesen Freitag werden den Studentinnen und Studenten ihre Diplome überreicht.
In der Branche geniesst der Diplomkurs ein hohes Ansehen. «Viele Absolventen nehmen später Managementpositionen ein. Ausserdem können sie hier ein gutes Netzwerk aufbauen», sagt Zimmermann. Ein Grossteil der Studierenden an der SFT kommt dabei aus Schwellenländern in Südamerika, Afrika oder von der arabischen Halbinsel. «Dort werden momentan viele neue Futtermittelanlagen gebaut, weil durch die Umstellung auf fleischlastigere Ernährung die Produktion von Futtermittel notwendig wird», erklärt Zimmermann. Ein Teil des vermittelten Wissens kann auch für die Produktion von Lebensmitteln genutzt werden. «Der Schwerpunkt liegt mit etwa 60 Prozent aber klar auf der Futtermitteltechnik.»
Attraktiv ist die SFT auch, weil das Angebot an vergleichbaren Ausbildungen klein ist. «Es gibt eine Schule in Braunschweig, die aber weniger international ausgerichtet ist als wir, und einen Kurs in China, den wir selbst anbieten», erklärt Zimmermann.
Die SFT ist ein Verein, der von der Bühler AG durch die Bereitstellung von Maschinen, finanziellen Mitteln, Räumlichkeiten und einem Teil der Lehrpersonen unterstützt wird. Zimmermann betont aber die Eigenständigkeit der Schule: «Der Unterricht beschränkt sich nicht auf Bühler-Technologie. Der Prozess der Futtermittelherstellung bildet den Kern des Unterrichts und daraus heraus werden vielfältige Maschinentypen und Lösungsmöglichkeiten betrachtet.»
Für Claire ist die Bühler Gruppe keine Unbekannte: Sie arbeitet als Prozessingenieurin bei Bühler in Minneapolis. Seit April ist sie in der Schweiz. Weil sie nicht nur den Diplomkurs, sondern auch noch ein Praktikum bei Bühler Uzwil absolviert, verbringt sie neun Monate am Stück hier. «Ich hatte schon immer Lust, im Ausland zu studieren und bin immer gerne gereist. Für mich war dieser Austausch darum eine ideale Gelegenheit», sagt die 25-Jährige, die zu den jüngsten Teilnehmern des Kurses zählt. Sehr intensiv, aber auch sehr lehrreich sei der Diplomkurs gewesen. Sie habe sich nicht nur neues theoretisches und praktisches Können angeeignet, sondern auch vom Wissen der anderen Studierenden profitiert. «Die Kursteilnehmer haben sehr unterschiedliche Hintergründe. Dadurch lernt man viele Perspektiven eines Themas kennen und unterschiedliche Wege, ein Problem zu lösen.» Neben der Schule und der Arbeit bleibt ihr Zeit, die Schweiz zu entdecken. Die Berge und Landschaften begeistern sie. Besonders angetan hat es ihr dabei die Ebenalp, wo sie gerne wandern geht. «Wenn ich mich umschaue, denke ich manchmal: Es ist wie in einem Bilderbuch.» Als Vorteil empfindet sie die Kleinräumigkeit der Schweiz. Alles sei gut und rasch erreichbar, selbst ohne eigenes Auto. «Zuhause bin ich schnell einmal zehn Stunden unterwegs, bis ich an einen interessanten Ort komme. Hier gehe ich einem Vollzeitjob nach, und trotzdem bleibt noch genug Zeit zum Entdecken.»
Die Leute, die Technologie, das Wissen: Die Schweiz sei schon sehr anders als seine Heimat, der Sudan, sagt Ammar. Die Frage nach dem grössten Unterschied beantwortet er ohne Zögern: Ihn fasziniert das Grün der Gräser und Wälder. Er ist die gleichförmige Einöde von Wüstenlandschaften gewohnt. «Zuhause ist einfach alles gelb», sagt der Prozessingenieur, der bei einem grossen sudanesischen Unternehmen für das Funktionieren der Futtermittelanlagen zuständig ist. Der 39-Jährige hat strenge Wochen hinter sich. «Wir werden in sehr kurzer Zeit mit sehr vielen Informationen konfrontiert. Es ist schwierig, alles im Kopf zu behalten», sagt er. Den Aufwand nimmt er aber gerne in Kauf. «Ich lerne viel darüber, wie unsere Maschinen funktionieren und wie man Probleme verhindern kann.» Und: Er werde der allererste Sudanese mit einem solchen Diplom sein, sagt er stolz. Ganz so viel Zeit, die Schweiz zu entdecken, ist ihm neben dem Studium deshalb nicht geblieben. In St. Gallen war er einmal, zweimal in Zürich, auch nach Wil hat er einen Ausflug gemacht. «Ein sehr einladendes Land, und sehr sicher», findet er. Es ist nicht sein erster Besuch: 2015 war er bereits für einen 15-tägigen Kurs der Schule für Futtermitteltechnik im Land. Dort hat er auch vom Diplomkurs erfahren. Bald geht es für den Sudanesen zurück in die Heimat. Er freut sich, seine Tochter und seine beiden Söhne wiederzusehen. «Ein solche Trennung ist für die Eltern immer schwierig. Aber zum Glück gibt es Whatsapp», sagt er.
Elias arbeitet bei einem nigerianischen Lebensmittelhersteller mit Tapioka, einer Stärke, die vor allem zur Produktion von glutenfreien Produkten eingesetzt wird. «Es hat viel Disziplin gebraucht, neben dieser Arbeit jeden Tag noch für den Kurs zu studieren», erinnert er sich an die Wochen des Fernstudiums. In Uzwil dagegen falle es ihm leichter, sich zu fokussieren. Die Anwesenheit der Mitstudenten, die gegenseitige Inspiration und Motivation und die Abwesenheit von Ablenkungen erleichtere das Studium. Der Libanese arbeitet seit 14 Jahren mit der Technologie von Bühler. Die Chance, sein Wissen zu vertiefen, liess er sich nicht entgehen. «Die Branche wächst, und damit auch das Bedürfnis nach zertifizierten Leuten», sagt der 38-Jährige. «In der Futtermittelindustrie ist dieser Diplomkurs vielleicht der wichtigste.»
Während er sich unter den Wochen ganz dem Studium widmet, hält er sich die Wochenenden für Ausflüge frei, die ihn schon nach Zürich und Luzern geführt haben. «Ich versuche, immer etwas zu unternehmen», sagt er. Das fällt ihm nicht schwer: «Wenn man hier einen Ausflug organisiert, dann weiss man auch, dass es genauso wie geplant funktioniert.» Die Schweiz sei eben sehr gut organisiert und diszipliniert, die Leute sehr freundlich. Bald geht es auch für ihn zurück. Der Säntis steht noch auf seiner To-Do-Liste. Es wird aber nicht sein letztes Mal in der Schweiz gewesen sein: «Ich möchte nächstes Jahr über Ostern meinen drei Töchtern die Schweiz zeigen.»