Fussballer Mario Schönenberger hat das Training beim FC Wohlen aufgenommen. Derzeit fährt er dafür fast täglich rund zwei Stunden in den Aargau und wieder zurück.
FUSSBALL. Der 1904 gegründete FC Wohlen gehört derzeit nicht zu den ersten und nicht einmal zweiten Adressen im Schweizer Fussball. Die Aargauer liegen nach der ersten Doppelrunde mit 18 Spielen in der Challenge League auf dem zehnten und damit letzten Tabellenrang (9 Punkte). Der Abstieg droht. Nur die zwei Tessiner Clubs Chiasso (11) und Locarno (15) liegen noch in Reichweite. Der FC Wil grüsst von Rang vier (30). Am 8. März kommt es zur Direktbegegnung. Im Fokus stehen wird dann Mario Schönenberger.
Vor einer Woche absolvierte der Toggenburger sein erstes Training in Wohlen. Die für ihn sportlich unbefriedigende Situation beim FC St. Gallen zwang den bald 28-Jährigen zum Handeln. Trainer Jeff Saibene lobte den defensiven Mittelfeldspieler zwar für seinen Einsatz und die professionelle Einstellung, gab ihm jedoch nur gegen Schönbühl (Sieg Cup 1. Runde) und Spartak Moskau (Sieg Europa League) eine Chance, sich zu bewähren. Saibene plant ohne Schönenberger, der bisher 37 Partien in der Super League (11 St. Gallen/17 Thun/8 Wil) und 140 in der Challenge League (102 Wil/12 Kriens/26 Thun) bestritten hat.
Für den ehemaligen U21-Internationalen ergaben sich vier Möglichkeiten: In St. Gallens zweiter Equipe kicken (auf Stufe 1. Liga Promotion gibt es interessantere Optionen), auf der Ersatzbank Platz nehmen, einen Club suchen oder die Karriere vorzeitig beenden. Nach dem 50:50-Joker blieben «Aufhören» und «Clubwechsel» übrig. Das Angebot aus Wohlen kam zum richtigen Zeitpunkt. «Ich habe mich entschieden, es nochmals zu versuchen», begründet Mario Schönenberger seinen Entscheid, zur Nummer 20 der Schweiz zu wechseln. Mit Trainer David Sesa und Teamcoach Ciriaco Sforza (neu) tragen zwei prominente Schweizer Internationale die Verantwortung. «Es wird schwierig, unten rauszukommen», weiss der Neuzugang. Sollte der Abstieg trotz weiterer Verstärkungen Tatsache werden, wäre der bis 2016 gültige Vertrag ab Sommer 2014 hinfällig.
Während der letzten Jahre war der ehemalige Bütschwiler Junior bei Wil, Thun, Kriens, wieder Thun und nochmals Wil angestellt. Am 1. Juli 2012 wechselte er als Captain des FC Wil zum FCSG. «Ich habe mir vieles anders vorgestellt», fasst Schönenberger die Zeit in wenigen Worten zusammen. Mehr mag er nicht sagen. Eine Rückkehr zu Wil war kein Thema, weil sein früherer Club derzeit keine laufstarken Spieler auf seiner Position sucht.
So sitzt er momentan täglich rund zwei Stunden im Auto, fährt nach Wohlen und zurück. Wobei ihm der Club eine kleine Wohnung sucht. «Wir sind froh, dass es kurzfristig mit dem Transfer geklappt hat. Mario bringt Erfahrungen in der Challenge League mit. Er ist ein guter Typ und zweikampfstark, kann zur klassischen Nummer sechs werden», erklärt David Sesa die Überlegungen, weshalb der Mann aus dem Osten zu den Aargauer Wunschtransfers gehört.
Die deckungsgleichen positiven Rückmeldungen der 15 Aktivtrainer, ihre Einschätzung, er verfüge über Super-League-Niveau, begleiten Mario Schönenberger. Passt der bescheiden gebliebene Fussballer in die Ellbogen-, Personenkult- und Selbstdarsteller-Szene? Oder wird er wegen seiner Art im Teamsport, der zur Interessengemeinschaft aus Einzelkämpfern verkommen ist, für die Trainer zur pflegeleichten Manipuliermasse? Solche Überlegungen scheinen nicht aus der Luft gegriffen.
Geht bei den seltsamen Praktiken im Fussballgeschäft die Freude verloren? «Das versuche ich herauszufinden. Das letzte halbe Jahr war nicht einfach. Ich muss mich zuerst in der neuen Situation zurechtfinden.» Mario Schönenberger arbeitete zuletzt schon in St. Gallen 30 Prozent bei seinem früheren Arbeitgeber und wird dieses zweite Standbein beibehalten.
Erhalten bleibt der freundliche Fussballer von nebenan den B-Junioren des FC Bütschwil als Trainer. Weil sie sich zu dritt um die Jugendlichen kümmern, ist dies machbar. «Ich werde nie einem Spieler von mir aus empfehlen, Fussballer zu werden. Aber ich würde ihn, wie dies meine Eltern taten, unterstützen.» Die Empfehlung, eine Ausbildung abzuschliessen, wäre im Hilfe-Gesamtpaket enthalten.