FLAWIL: Mit Vierbeinern im Zwiegespräch

Sie spricht mit Tieren, erfühlt Energien und Disharmonien. Scharlatanerie? Nein, Schamanismus – eine von der WHO anerkannte Heilmethode. Seit 2003 ist Claudia Schmidli vollberuflich als Therapeutin tätig.

Andrea Häusler
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Claudia Schmidli zu Hause in ihrem Stall, in dem zwei Ponys und eine Ziege untergebracht sind. (Bild: Andrea Häusler)

Claudia Schmidli zu Hause in ihrem Stall, in dem zwei Ponys und eine Ziege untergebracht sind. (Bild: Andrea Häusler)

Andrea Häusler

andrea.haeusler@wilerzeitung.ch

Sie war fünfjährig, als sie nach Flawil kam. Auf jenen kleinen Bio-Bauernhof an der Toggenburgerstrasse, auf dem sie noch heute lebt. «Ich bin in und mit der Natur aufgewachsen», sagt die 48-Jährige. «Mit Schafen, deren Wolle wir verarbeiteten, mit Kaninchen, Ponys und einem Garten, der unseren Tisch deckte.» In Haus und Garten mitzuhelfen war selbstverständlich und auch schön», sagt Claudia Schmidli: «Ich brauche den Boden, die Pflanzen – eben die Natur – nach wie vor.» Zu Tieren hatte sie von klein auf einen guten Draht. «All unsere Haustiere sind sehr alt geworden.» Dass dies wohl auch mit dem Standort des Hauses zu tun hatte, habe sie erst viel später begriffen. «Wir sind hier auf einem Erdmeridian.»

Am Anfang stand die Pferdemassage

Gelernt hat Claudia Schmidli einen konventionellen Beruf, arbeitete während vieler Jahre als Kauffrau in verschiedenen Firmen. Ihre besondere Sensibilität und Beobachtungsgabe machte sie zunehmend zur ersten Ansprechperson bei fachlichen, zwischenmenschlichen und persönlichen Problemen. «Wildfremde Menschen erzählten mir ihre Lebensgeschichte», erinnert sie sich. Belastet hat sie dies nicht: «Den ganzen energetischen Müll konnte ich zu Hause bei der Hofarbeit wieder loswerden.» Was sie mit ihren Fähigkeiten bewirken kann, entdeckte sie vor rund 18 Jahren, als sie nebenberuflich mit Pferdemassagen begann: erst bei den eigenen Tieren, dann mit fremden. «Ich habe gespürt, dass etwas da ist, was ich nicht einordnen konnte. Ich wusste nur: Das bin nicht ich.» Die Erfolge, die sie mit der Auflösung von Disharmonien, der Heilung von pferdespezifischen Gesundheitsproblemen erzielte, aber auch das Wissen, mit ihren Möglichkeiten an Grenzen zu stossen, motivierten Claudia Schmidli trotz anfänglicher Skepsis dazu, sich mit der schamanischen Tierkommunikation auseinanderzusetzen. «Ich habe dann einen Wochenendkurs absolviert, übte weiter, erwarb Wissen dazu, schrieb mich für einen Jahreskurs ein.» Sie lernte von Azteken und liess sich von einem tibetischen Mönch in die Kunst der Meditation einführen. Dies ermöglicht es ihr heute, mit verstorbenen Wesen in Verbindung zu treten. Sie ist überzeugt: «Alles ist Energie, lebendig und beseelt.»

Natürlich sei sie auch belächelt, ihre Arbeit als alternativer Humbug abgetan worden, gibt Claudia Schmidli unumwunden zu. Dies ist mit ein Grund dafür, dass sie sich erst viel später öffentlich zu ihrer Arbeit bekannt und ihre Leistungen beworben hat. Heute arbeitet sie mit Menschen und Tieren, tauscht sich mit Schulmedizinern aus, wird Ernst genommen. «Ich bin nicht gegen Medikamente», betont Claudia Schmidli denn auch: «Das richtige soll zur richtigen Zeit eingesetzt werden.»

Keine moderne Hexe

Was Claudia Schmidli kann, ist nichts Überirdisches, hat weder mit Hexentum noch mit Zauberei zu tun. Sie glaubt auch nicht an eine besondere Begabung. «Sehen, hören, riechen, fühlen, wahrnehmen – das kann jedes gesunde Baby. Ich habe mir diese angeborenen Fähigkeiten erhalten, sie trainiert, weil ich wissen wollte, was möglich ist.» Bewegungen, Mimik, Laute, all dies sind Kommunikationsformen, die nur verstanden und eingeordnet werden müssen. Es sei ähnlich, wie beim Erlernen einer Fremdsprache. Claudia Schmidli ist überzeugt, dass alles in der Natur einen Grund, eine Bedeutung hat. «Kein Vogel fliegt zufällig in eine Richtung», sagt sie. Wobei auch sie längst nicht jeden Ablauf erklären könne: «Man muss ja auch nicht alles wissen.»

Vielen Menschen und Tieren hat Claudia Schmidli schon helfen können – im direkten Kontakt oder aus der Ferne: Dem Mann mit dem angriffslustigen Papagei, der Frau mit der Katze, die in der Wohnung urinierte, dem Baby, das unter einem Ausschlag litt und sich selbst, als sie den Heuschnupfen besiegte. Der Ansatz sei immer der gleiche: «Jedes Lebewesen ist ein Individuum und ich beginne stets aufs Neue bei null.» Wobei 95 Prozent der Probleme von Tieren ursächlich beim Menschen lägen.