Martha Schafflützel aus Ganterschwil liest heute Donnerstag um 14 Uhr im Pfarrhaus Feld in Bütschwil aus ihrem biografischen Roman «Jedes Jetzt hat Flügel». Es ist ihr zweites veröffentlichtes Buch.
Chiara Weber
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Geschrieben hat Martha Schafflützel schon immer gerne, ob das nun Aufsätze waren oder Briefe. Ihre Mutter hatte ihr oft aus ihrem Leben erzählt, auch aus Marthas Kindheit. Darunter waren Ereignisse, an die sich Martha selbst nicht mehr erinnern konnte. «Als dann meine Kinder ausgeflogen waren, habe ich begonnen, diese Geschichten aufzuschreiben. Das erste Kapitel ist an einem Tischchen auf Mallorca entstanden. Wir mussten sehr lange auf einen Bus warten. Dabei erzählte jemand vom Zahnarzt. Das weckte auch in mir Erinnerungen», sagt die Autorin und fährt fort: «Weil mein Mann immer Papier und Stift bei sich hat, konnte ich gleich mit Schreiben beginnen. Das war der Startschuss. Von da an habe ich Kapitel um Kapitel geschrieben.» Sie habe nicht chronologisch oder nach Plan geschrieben.
«Mein Vater hatte damals in der Giesserei Sulzer gearbeitet. Ich habe bald gemerkt, dass ich mehr Informationen darüber brauche.» Sie las Bücher über die Krisenjahre, verbrachte Stunden in der Studienbibliothek Winterthur, wo sie in Jahrbüchern stöberte und in Fotobüchern nachsah, wie dies und jenes damals ausgesehen hatte. So kam Kapitel um Kapitel zusammen. Diese in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen, war das Schwierigste. Begonnen hat Martha Schafflützel mit dem Buch «Jedes Jetzt hat Flügel». Bevor sie dieses Buch beendete, schrieb und publizierte sie «Das Koffergrammofon», ein Buch über ihre Lehre als Krankenschwester. Weil einige Interessierte schon über achtzig Jahre alt waren, habe sie sich mit der Herausgabe beeilt. Der Titel des Buches «Jedes Jetzt hat Flügel» kommt von einem Gedicht, das ihr erster Schulschatz in ihr Poesiealbum geschrieben hatte. Nebst Schreiben und Lesen ist sie auch an Kunst interessiert. Während ihrer Ausbildung hat sie mit ihrer ersten grossen Liebe Opern, Theater und Kunstausstellungen besucht. Als die Freundschaft zerbrach, ging sie alleine ins Opern- und Schauspielhaus oder in die Tonhalle.
Auf die Frage, warum sie in Ganterschwil wohne, antwortete sie mit einem Lachen: «Eigentlich hätte ich gerne für längere Zeit im Ausland gearbeitet. Aber ich wollte meine Mutter, die ja schon lange Witwe war, nicht allein lassen.» In dieser Zeit holte das Schweizerische Rote Kreuz tibetische Flüchtlinge ins Land. «Ich bewarb mich für eine Stelle als Heimleiterin und kam so ins Toggenburg. Das war nun wirklich etwas total Anderes, eine völlig neue Kultur und Religion. Das alte Bauernhaus war mit 24 Personen bis unters Dach gefüllt.»
Die ersten Monate war sie Hilfsleiterin, danach führte sie das Heim alleine. Nach anderthalb Jahren ging sie an die Uniklinik in Zürich zurück, während ihr zukünftiger Mann nach Ebnat-Kappel zog. Nach zweieinhalb Jahren kehrte sie dann zurück ins Toggenburg, als seine Frau. Als er dann an die Kaufmännische Schule in Wil berufen wurde, zogen sie 1971 nach Ganterschwil in ein eigenes Haus. «Während mein Mann in seinem Beruf und seinen Ämtern aufging, sorgte ich für die fünf Kinder und hielt das Haus in Ordnung. Im unteren Toggenburg gefällt es mir besser als in Ebnat-Kappel. Das Tal ist hier weiter, die Sonne scheint länger. Ja, hier bin ich richtig zu Hause.»
«Jedes Jetzt hat Flügel. Meine Kindheit in Winterthur», Books on Demand, Martha del Conte.