KIRCHBERG. Sie nennen was sie machen «Kleinkunst-Pop» oder einst auch «Lieder aus der Vogelperspektive». Nun heisst es ganz einfach «Schön» – Heinz de Specht war in Kirchberg. Samt gewolltem Ausfallen des Lichts und viel Wortwitz.
Der Abend beginnt zwar nicht sehr vielversprechend: «Denn machet mer halt nomol s'gliich!» Doch beim «Specht» weiss man nur zugut, dass das dicke Ende kommt, manchmal unmittelbar, manchmal etwas später. Beim Eröffnungslied lassen sich Christian Weiss, Daniel Schaub und Roman Riklin Zeit, viel Zeit, wiederholen ihr Lamento: «Denn machet mer halt nomol s'gliich» bis klar wird, dass hier überhaupt nichts gleich ist wie beim letzten Mal. Und doch: Es bleibt die Ironie in ihren Texten, der auch zum Sarkasmus mutieren kann: «De läschtig Blitzliecht-Fotograf – ich glaub s'Lokalblatt het en gschickt – de isch, ganz plötzlich und ganz brav, am ne Mikrophon verstickt», oder zur akuten Depression: «De Urs de hät es iPhone, wo cha choche, und Gaby hät es App, wo d Wösch ufhenkt, ich ha nur e Züschte und ich sött go Rüebli rüschte, doch ich stah in Willisau no i dem Stau.»
Das mag ein wenig nach Fasnacht und Schnitzelbank tönen. Doch die «Spechte» zeigen ihr Gesicht, auch wenn dann und wann das Licht ausfällt im Saal. Selbstverständlich ist auch das gewollt und Teil des Unterhaltungsaspekts. Gesteuerte Unterbrüche bei Licht und Ton, Knalleffekte wie Blitz und Donner, später bei geeigneter Stelle (beim Song vom Schwertwal) auch mal Einspielungen von Walgesängen, bedeuten Arbeit für den Licht- und Tontechniker, der ohnehin, wie er sagt, bei keinem Job derart die Hände voll zu tun hat. Dabei mischt Gögs Andrighetto Musicals wie «Ewigi Liebi» und «Schweizermacher» und demnächst auch Babybrei, wird er doch in diesen Tagen zum zweitenmal Vater. Doch zurück zum Schwertwal: «Ich han en Schwertwal i de Stube, sit em Ziischtig hockt de deht, er gaht vom Sofa bis zum Fernseh, wenn er sich echli verdreht.» Säuselnd verrät der Fisch seinem Besitzer allerlei Lebensrezepte, doch bevor der Zuschauende an abgegriffene Metaphern aus der Esoterikwelt denkt, verschluckt der Wal des Besitzers Frau. Damit kommt Zweifel auf an den hehren Absichten des ziemlich «grünen» Fischs, und das Publikum gerät in einen Gewissenskonflikt. Schliesslich werden die tief satirischen Absichten der Songschreiber klar: «Will ich sini Weisheit offebare wott, schriib ich jetzt es Buech mit all sine Gebot. Und ich bou em en Tempel, wo am IIgang gross staht, dass nur is Paradies chunnt, wer mit em Velo hi gaht.»
So ist er echt, Heinz der Specht: Intelligent, hintersinnig, oft mit der feinen Klinge, immer öfter auch mit der Verzweiflung eines Zweihänders: «Warum bin uusgrechnet ich en Klon? Es Lebe als Ersatzteillager isch fasch schlimmer als wännd Fän vo Schlager bisch. Warum bin uusgrechnet ich din Klon?» Doch intellektuelle Erholung naht. Nicht über alles muss unbedingt nachgedacht werden, aber lächeln ist trotzdem erlaubt: «Ich taschte uf de dunkle Taschte im Dunkle» singt der «Specht» und berichtet damit von den Nöten eines Liedschreibers. Gleich in verfrühte Empathie verfallen sollte man dennoch nicht. Viel eher sich diesen Rat zu Herzen nehmen: «Kloned kei chlönendi Klon und verschoned öis vom Geklön vo de Klon!»