Der Sirnacher Gemeinderat möchte sich für die «Brückenwaage» alle Optionen offenhalten. Er will deshalb an der Gemeindeversammlung von den Stimmbürgern den Auftrag für ein sogenanntes Nichtunterschutzstellungsverfahren.
SIRNACH. Die «Brückenwaage» dürfte Sirnach noch eine Weile erhalten bleiben. 2011 erwarb die Gemeinde das ehemalige Restaurant «aus entwicklungsstrategischen Gründen». 335 000 Franken bezahlte sie für die baufällige Liegenschaft an eine Erbengemeinschaft.
Während man damals noch nicht wusste, wie man das Gebäude nutzen könnte, ist inzwischen einiges geschehen. Seit den Sommerferien bietet die Gemeinde in der «Brückenwaage» unter dem Titel Tagesbetreuung Sirnach (TagSi) Mittagstisch und Nachmittagsbetreuung an. Dies erfolgt im Sinne einer Zwischennutzung. Denn die Gemeinde plant, diese Dienstleistungen dereinst andernorts in einem Haus der Jugend zu erbringen. Über dessen Standort wird die Gemeindeversammlung vom 27. November genau so befinden wie über die weitere Geschichte der rund 400jährigen «Brückenwaage».
Im vergangenen Februar erarbeiteten 37 Personen im Rahmen eines Workshops drei Varianten für das weitere Vorgehen. Variante «Erhalt» sieht den Schutz des geschichtsträchtigen Gebäudes vor. Bereits befindet sich die «Brückenwaage» im kantonalen Hinweisinventar und ist dort als wertvoll eingestuft. «Diese Klassifizierung ist behördenverbindlich», sagt Gemeindeschreiber Peter Rüesch auf Anfrage. «Gebäude und Objekte in diesem Inventar müssen wir als Gemeinde überprüfen und dann entscheiden, ob wir sie in den kommunalen Schutzplan aufnehmen wollen.» Will Sirnach dies im Falle der «Brückenwaage» nicht, muss die Gemeinde ein sogenanntes Nichtunterschutzstellungsverfahren öffentlich auflegen.
Dieses Vorgehen beantragt der Gemeinderat an der kommenden Gemeindeversammlung. Denn es ermöglicht die zwei weiteren durch den Workshop erarbeiteten Varianten: «Ersatzneubau» und «Platzanlage». Für beide müsste die «Brückenwaage» abgerissen werden.
Damit wäre ein Konflikt mit dem Thurgauer Heimatschutz schon fast vorprogrammiert. «Die Gemeinde Sirnach müsste uns schon einen inhaltlich sehr guten Grund nennen, weshalb die <Brückenwaage> auf einmal nicht mehr erhaltenswert sein soll, damit wir nicht von unserem Verbandsbeschwerderecht Gebrauch machen», sagt Heimatschutzpräsident Uwe Moor und ergänzt: «Andernfalls werden wir den Schutz der Liegenschaft verteidigen.»
Tatsächlich bescheinigt ein durch die Gemeinde Sirnach in Auftrag gegebenes bauhistorisches Gutachten: «Das Bauern- und Wirtshaus Zur Brückenwaage ist ein ortsbaulich identitätsstiftendes, homogenes und authentisches Element des historisch wertvollen Ortsbildes von Sirnach und daher aus Gründen des Ortsbildschutzes zu bewahren.»
Dennoch erhielt die Variante «Erhalt» im Sirnacher Workshop den geringsten Zuspruch. In der Schlussbewertung erhielt sie 22 Punkte. Einen Abbruch der «Brückenwaage» zugunsten eines Platzes oder Parks taxierten die Teilnehmer hingegen mit 47 Punkten.