Der Verein Wil Tourismus ernannte gestern Abend Karin Keller-Sutter zur Botschafterin des Jahres. Die Präsidentin des Ständerates ist zwar an rund 100 Tagen in Bundesbern, fühlt sich aber mit der Äbtestadt weiter eng verbunden. Jedoch nennt sie auch einen Schandfleck.
Simon Dudle
«In Wil bin und bleibe ich die Karin», sagt die Ständeratspräsidentin. Es ist ein einfacher Satz, der tief blicken lässt. Obwohl Karin Keller-Sutter in Bundesbern die Interessen des ganzen Kantons St. Gallen, aber auch jene des ganzen Landes zu vertreten hat, ist die Äbtestadt weiterhin ihr Lebensmittelpunkt. Es ist jener Ort, an dem sie geboren wurde, als Kind ins Blauring ging, im Restaurant Ilge aufwuchs, schon früh die Aufführungen der Theatergesellschaft besuchte und als eines der ersten Mädchen zum Wiler Tüüfel wurde. «Noch heute prägen mich die Wiler Traditionen stark», sagt Keller-Sutter.
1992 startete die politische Karriere mit dem Eintritt ins Wiler Stadtparlament, welches die FDP-Vertreterin 1997 präsidierte. Ab 1996 war sie vier Jahre Kantonsrätin und dann ab 2000 zwölf Jahre St. Galler Regierungsrätin. Mittlerweile politisiert sie im siebten Jahr in Bern.
Seit gestern Abend ist Karin Keller-Sutter Wiler Botschafterin des Jahres. Das Amt hat sie von Unternehmer Bruno A. Jäger übernommen (siehe Kasten). «Die Ernennung freut mich sehr. Diese Auszeichnung hat fast den höheren Stellenwert als damals der Swiss Award, da er näher bei den Leuten ist. Ich war in den vergangenen Jahren bemüht, in der Stadt integriert und verwurzelt zu bleiben», sagt Keller-Sutter.
Und wo gefällt es der Ständeratspräsidentin in Wil am besten? «Auf dem Hofplatz. Er ist die Seele und der Lebensnerv der Stadt und für mich wie eine riesige Stube. Wenn grosse Dinge passieren, dann auf dem Hofplatz.» Aus ihrer Sicht hat die Stadt mit dem Bahnhofplatz aber auch einen Schandfleck. «Bei der damaligen Gestaltung hat man es verpasst, die Allee miteinzubeziehen. Der Platz ist nicht einladend und eine Steinwüste. Zwar habe ich abends keine Angst. Das subjektive Sicherheitsempfinden ist aber ein Problem.»
Seit vergangenem November präsidiert die im Neulandenquartier wohnhafte FDP-Politikerin den Ständerat. Zu den seither prägenden Ereignissen gehörte das Zusammentreffen mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump während des World Economic Forum WEF in Davos. «Wenn man jemandem die Hand reichen kann, hinterlässt das einen ganz speziellen Eindruck», sagt Karin Keller-Sutter. Im noch jungen Monat stehen zwei weitere besondere Termin an: Sie wird an der Landsgemeinde im Kanton Appenzell Innerrhoden Ehrengast sein. Auch an der Näfelser-Fahrt hat sie einen Auftritt. Dabei wird einer Schlacht gedacht, bei welcher die Glarner die Habsburger besiegt haben. «Die Wiler haben früher auf der Seite der Habsburger gekämpft. Schön, dass sie mach trotzdem eingeladen haben», sagt Karin Keller-Sutter schmunzelnd.
Natürlich kam beim gestrigen Anlass von Wil Tourismus auch die Frage auf, ob eine künftige Bundesrätin zur neuen Wiler Botschafterin ernannt worden ist. Im vergangenen Herbst hatte Bundesrat Johann Schneider-Ammann diesbezüglich der Wilerin den roten Teppich ausgerollt.
Auf dieses Thema angesprochen, wiederholte sie gestern, was sich schon mehrmals zu Protokoll gegeben hatte. «Es ist ein Privileg, die kleine Kammer zu führen. Ich muss und will mich nicht verändern. Zudem stellt sich die Frage mit dem Bundesrat gar nicht, da Johann Schneider-Amman im Amt ist.»