Die katholische Kirchgemeinde hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihr Engagement gegen die Armut zu verstärken. Dabei setzt sie neben dem bestehenden Angebot auch auf visionäre Ideen.
Die katholische Kirche will auch über den räumlich begrenzten Raum der Kirchen eine soziale Verantwortung in der Gesellschaft wahrnehmen. Das tut sie bereits mit ihren zahlreichen Freiwilligenorganisationen, Seelsorgeteams und humanitären Engagements. Nun will die Kirchgemeinde Wil ihren Einsatz gezielt verstärken. In den Fokus der Aufmerksamkeit soll in den nächsten Jahren das Thema Armut rücken. «Damit meinen wir als Pfarrei nicht nur finanzielle Armut, sondern einen umfassenderen Armutsbegriff», sagt Franz Schibli, Leiter Soziales bei der katholischen Kirche Wil.
Insgesamt haben der Kirchenverwaltungsrat, das Seelsorgeteam und die Pfarreiräte fünf Personengruppen definiert, denen sie in den nächsten Jahren besondere Aufmerksamkeit und Hilfe schenken wollen: orientierungslose Jugendliche, Flüchtlinge, Alleinerziehende, mit dem Leben überforderte Personen und Menschen, die sich nicht trauen, Hilfe anzunehmen. Für all diese Gruppen hat die Pfarrei Ideen erarbeitet, wie ihnen die nötige Unterstützung zuteil werden kann.
Bei vielen Ideen, geht es darum, neue Möglichkeiten zu schaffen, um die Anliegen der entsprechenden Personengruppen überhaupt wahrzunehmen. «Dabei spielen die Pfarreiräte, die in den Quartieren aktiv sind, eine wichtige Rolle als Ansprechpersonen», sagt Franz Schibli. Nur wenn die Kirche in der Nachbarschaft präsent sei, könne man die Menschen, die Hilfe brauchen, auch erreichen.
Dazu will die Kirchgemeinde zusätzlich bestehende Begegnungsorte wie das Peter Kafi oder Anlässe wie «Lamm am Spiess» nutzen. Auch im Caritasmarkt würde die Kirche gerne einen Treffpunkt schaffen. Doch im derzeitigen Gebäude an der Bronschhoferstrasse 16a fehlt dafür schlicht der nötige Platz. «Deshalb suchen wir einen neuen Ort für den Caritasmarkt, sind aber noch nicht fündig geworden», sagt Schibli.
Während also ein Teil der Ideen, den Ausbau des Engagements im bestehenden Rahmen zum Ziel hat, gibt es auch neue Ansätze. Dazu zählen beispielsweise die Einrichtung eines Nottelefons oder einer begleiteten Selbsthilfegruppe. Eine weitere Idee, die im Rahmen des Brainstorming in der Kirchgemeinde geäussert wurde, hat sogar beinahe schon revolutionären Charakter: der Bau eines Beachvolleyballfelds bei der Kirche St. Peter. Franz Schibli betont zwar, dass die Ideensammlung vorerst nur im Sinne eines Brainstormings gemacht worden sei, nennt das Projekt aber «einen äusserst spannenden Ansatz». Alle gesammelten Visionen würden in die Überarbeitung des Diakoniekonzepts der Pfarrei einfliessen. Alles werde man aus personellen Kapazitätsgründen und finanziellen Überlegungen aber nicht umsetzen können.
Bleibt die Frage, ob es überhaupt die Aufgabe der Kirche ist, sich in dieser Form zu engagieren. «Ich bin überzeugt, dass die Kirche beides machen sollte, sowohl den liturgischen Teil mit Gottesdiensten als auch die Arbeit in der Gesellschaft, die darüber hinaus geht.» Denn es gebe immer mehr Personen, die mit der Kirche im klassischen Sinn nicht mehr viel anfangen könnten. Deshalb sei es wichtig, neue Zugänge zu den Menschen zu finden.
Dabei gehe es nicht um das Missionieren oder darum, die Menschen unterschwellig zurück zum Glauben zu bringen, sondern um die Vermittlung von gesellschaftlichen und religiösen Werten. «Ob jemand Gemeinschaft beim Beachvolleyballspielen oder in der Eucharistiefeier erlebt, spielt letztlich keine Rolle», sagt Schibli. Beides erachtet er als gleichwertig.