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Ostschweiz
Wil
An der Bürgerversammlung wurden Katharina Piljic und Concetta Eger vom Verein Markthalle-Marktstube sowie der junge Schauspieler Simon Keller geehrt. Die Rechnung 2018 wurde diskussionslos genehmigt.
Ob sich in Lucas Keels Kopf ein Computer befindet? Das fragte sich nach der Bürgerversammlung am Montagabend eine Dame, sichtlich beeindruckt von der «Performance» ihres Gemeindepräsidenten. Keel jonglierte virtuos mit allerlei Zahlen aus dem Rechnungsbericht – alles frei und ohne Spickzettel.
So erfuhren die 243 anwesenden Bürgerinnen und Bürger etwa, dass 12787, die aktuelle Einwohnerzahl der Gemeinde, keine Primzahl ist (sie ist durch 19 teilbar). Dass das Betreibungsamt 2018 4045 Zahlungsbefehle ausgesprochen hat, oder dass die Zahl der Gesetzesverstösse pro 1000 Einwohner letztes Jahr von knapp 25 auf 33,2 angestiegen ist – was immer noch unter dem kantonalen Mittel von 36,5 liegt.
Ein Rekord wurde beim jährlichen Verkehr aufgestellt. Zum ersten Mal knackte dieser die 7-Millionen-Grenze (genau: 7032216). Eine Zahl, die Keel zum Anlass nahm, die Bürgerschaft über die immer wieder sich verzögernde Sanierung der Augartenkreuzung auf den neusten Stand zu bringen: Die Gemeinde verlangt vom Kanton, dass der Planungshorizont auf 2040 oder gar 2050 verlängert wird. Denn:
«Wenn die Planung wieder so lange dauert, ist die Restnutzungsdauer zu kurz.»
In einem weiteren Punkt wird Uzwil mit dem Kanton zu «fighten» haben, wie Keel sich ausdrückte: bei der Grünabfuhr. Für den Kanton ist deren Subventionierung durch Steuergelder unzulässig. «Wir haben immer gesagt, dass wir in dieser Hinsicht ein Sonderfall sind. Wir haben Kompogas, und dieses sollte in Uzwil gratis und günstig sein.»
Weniger präzise als das Zahlengedächtnis von Lucas Keel dagegen war die Gemeinde bei der Rechnung 2018. Diese schloss um 3,5 Millionen Franken besser ab als budgetiert. Die Gründe: höhere Steuereinnahmen, weniger Ausgaben im Sozialen Bereich sowie die Überführung des Gewinns der Gasversorgung in die Rechnung. Zudem seien 2018 weniger Investitionen getätigt worden als geplant gewesen war.
Die vom Gemeinderat vorgeschlagene Verwendung dieses Ertragsüberschusses wurde diskussionslos genehmigt. 500000 Franken gehen an die Sanierung des Deponiestandortes Niederglatt, 2,8 Millionen an die Schulraumerweiterung Herrenhof. Der Antrag, 3600 Franken davon einzusetzen, um die «Rosttafeln» an der Ahorn- und Wattstrasse zu bemalen, wurde abgelehnt – obwohl sich Antragsteller Armin Benz bereiterklärte, 100 Franken aus der eigenen Tasche beizusteuern.
Auf offenere Ohren stiess hingegen der Vorschlag von Bruno Lusti, dem Präsidenten der FDP-Ortspartei. Angesichts des positiven Abschlusses legte er dem Gemeinderat nahe, das Budget 2020 mit einer Senkung des Steuerfusses von zwei bis drei Prozent zu planen. Keel bestätigte, dass dies im Gemeinderat angedacht sei, merkte jedoch an, dass man zuerst die noch nicht absehbaren Auswirkungen der Steuergesetzrevision analysieren müsse.
Für kurzzeitige Unruhe im Gemeindesaal sorgte Xaver Rüst, der während der allgemeinen Umfrage ans Mikrofon trat. Er unterstellte dem Gemeinderat «illegale Machenschaften» in Zusammenhang mit einer Parkverbotstafel, einer Strassensperrung und einer Humusdeponie. Sollten sie denn stimmen, sei das nicht tolerierbar, so Rüst. Keel entkräftete: Die Vorwürfe seien ihm «zum Teil völlig fremd, zum Teil total falsch».
Weniger formal ging es im zweiten Teil des Abends zu und her. Zum sechsten Mal rückte die Gemeinde Uzwil Menschen in den Mittelpunkt, die sich durch besondere Leistungen in allen Bereichen des Lebens auszeichneten. Dieses Jahr ging die seit 2013 verliehene Auszeichnung an Katharina Piljic, Concetta Egger – bekannt als Mamma Mia – und Simon Keller. Piljic und Egger engagieren sich seit Jahren in der Marktstube in Niederuzwil, einem vierzehntäglich stattfindenden Mittagstisch, und der Markthalle, einer Lebensmittelabgabestelle für Armutsbetroffene. Der 25-jährige Simon Keller ist Schauspieler, Autor und Produzent und wird im Sommer die Leitung der Bühne Thurtal übernehmen. (tos)