Schlemmen wie im Schlaraffenland – wo immer dieses Land ist, am Samstag wars im «Ochsen» Flawil.
Statt Suppenstare gabs Märchenprinzen. Nicht ganz, aber fast, denn der Prinz war eine Stiefmutter, Suleima hiess sie, und Sharif, der Stiefsohn, war in sie verliebt, kam aber nicht an sie heran. Oh weh, welche Aufgabe musste Sharif nun erst mal lösen? Kurt Fröhlich erzählte das «erotische» Märchen aus Tausend und einer Nacht so packend, dass dem Publikum danach das Verlangen nach mehr blieb.
Nicht nach mehr Erotik (vielleicht auch), sondern nach mehr Essen, denn nach der wunderschönen Liebesgeschichte folgte der erste Gang. Gemäss dem Thema war es eine arabisches Gelage: Humus (ist aus Kirchererbsen), Humus mit Randen und Sesamöl, Taboulé (Salat mit Couscous, Tomaten, Gurken und Pfefferminze), einen Joghurt-Koriander-Dip sowie marokkanische Fleischbällchen – dezidiert orientalisch also, Essen aus Arabien, Gewürze aus Palastgärten, Schmausen wie in 1001 Nacht.
Den zweiten Gang leitete Märchenerzähler Kurt Fröhlich mit einem fröhlichen Märchen aus Süditalien ein. Star des Märchens war Schiuma die Sirene, die nie lachen wollte. Ebenso traurig wie Schiuma war ihr Ehemann, ein Seemann. Der stürzte sich eines Tages vor Kummer über seine verlorene Liebe über die Reling seines Schiffs ins Meer. Der unglückliche Seemann war aber nicht tot, sondern wurde von Schiumas Freundinnen gerettet. Langsam erwachte der Matrose aus dem Koma, doch er wurde immer wieder in die Tiefen der See zurückgezogen. Aber Schiuma gab nicht auf und holte ihren Mann definitiv aus der Versenkung des nassen Grabes. Der Seemann verzieh seiner Frau – was er schon immer hätte tun sollen, dann wäre es nicht so weit gekommen, und holte ihr die Blume «la piu bella» aus dem Garten des verwunschenen Palasts.
Der Herkunft des Märchens entsprechend wurde dann eine deftige Gemüselasagne aufgetischt. In der Küche hantierten derweil Monika Bochsler und Mischa Sutter an Tellern und Töpfen und kochten für 30 Personen bereits den dritten Gang – einen Kohlwickel namens «Sarma» aus Rumänien, der natürlich nicht aus Rumänien kam, sondern nur das Rezept dazu. Kurt Fröhlich erzählte dazu ein Märchen aus dem Land im Balkan.
Derweil gab es spanischen Bio-Wein aus dem heimischen Claro-Laden, und das grosse Rätselraten, was wohl zum vierten Gang aufgetischt beziehungsweise was wohl das vierte Märchen sei. Und auch beim vierten und letzten Märchen aus Fröhlichs Mund hielten die Erwachsenen ihre Münder und horchten aufmerksam wie Kinder den Abenteuern von Feen und Prinzen und Sirenen zu. Man hätte eine Nadel auf den Boden fallen hören.
Doch dann das Finale. Ein Märchen aus Mitteleuropa. Dazu ein süsses Beere-Tiramisu. Und so endete der Märchenabend für Erwachsene im märchenhaften Schlaraffenland der süssen – und realen – Köstlichkeiten und faszinierenden, weil unrealen, weil ziemlich sicher erfundenen, aber wunderschönen Geschichten. Keine Suppe gabs heuer beim traditionellen Herbstschmaus des Kulturvereins Touch, auch keine neuen Suppenstare, sondern Märchen. Märchen und Schlemmen.
Kurt Fröhlich erklärte die Faszination der Märchen: «Ein Märchen ist nicht wie ein billiger Hollywood-Film mit einem erwarteten Happy-End. Im Märchen wird immer ein Problem gelöst, ein Knoten entwirrt oder ein Rätsel gedeutet.» Und wenn sie nicht gestorben sind, dann schlemmen sie noch heute.