Ein Drittel mehr Waren gingen in den letzten Monaten über die Kasse des Caritas-Marktes. Im angegliederten Café treffen sich Ukrainerinnen zum Austausch und stricken gemeinsam Decken.
Wenn Geflüchtete aus der Ukraine in Wil ankommen, verbringen sie ihren ersten Mittag im «Cafetass», dem Café des Caritas-Marktes neben der Terrasse der Confiserie Hirschy. Ein entsprechendes Arrangement haben Caritas und die Sozialen Dienste der Stadt Wil getroffen.
Die Geflüchteten sind berechtigt, im Laden für Armutsbetroffene günstig einzukaufen. Sie, die in ihrer Heimat in vielen Fällen zum Mittelstand gehörten und ein gutes Leben führten, müssen jetzt mit höchstens 450 Franken im Monat auskommen. Davon sind elf Franken pro Tag für Lebensmittel und Hygieneartikel gedacht. Doch nicht nur deshalb kommen sie regelmässig an die Lerchenfeldstrasse 4.
Leiterin Rita Borner sitzt an einem Cafétisch im Schatten vor dem Caritas-Markt und erzählt, wie der Laden für Bedürftige zum Treffpunkt für viele geflüchtete Ukrainerinnen, es sind mehrheitlich Frauen, geworden ist. Borner sagt:
«Einige kommen auch regelmässig zum Stricken.»
Aus den Flicken sollen bunte Wolldecken entstehen. «Was wir damit machen, wissen wir noch nicht. Vielleicht versteigern wir sie, natürlich für einen guten Zweck», sagt Rita Borner.
Seit die ersten Geflüchteten aus der Ukraine angekommen sind, sei der Umsatz des Caritas-Marktes in Wil von rund 35'000 auf 45'000 Franken im Monat gestiegen, sagt Rita Borner. Zwischen 130 und 150 Kundinnen und Kunden kämen inzwischen täglich in den Laden, vor dem Angriff auf die Ukraine seien es ungefähr 90 pro Tag gewesen.
«Wir müssen viel mehr bestellen, vor allem Joghurt und Wurstwaren.» Beliefert werden die Caritas-Märkte in der Schweiz vom Zentrallager der Genossenschaft in Sempach. Dieses wird unter anderem mit Restposten der grossen Schweizer Discounter gefüllt. Das Brot kommt von Wiler Bäckereien. Diese überlassen der Caritas das Brot vom Vortag. Im Laden kostet ein Brötchen noch ungefähr 20 Rappen.
Die Einnahmen aus dem Warenverkauf werden gemäss Borner ausschliesslich für den Betrieb der Märkte von Caritas St.Gallen-Appenzell verwendet. Im Caritas-Markt Wil ist Rita Borner die einzige Angestellte. Alle anderen arbeiten freiwillig, neue Mitarbeitende werden ständig gesucht.
Es ist Arbeit, die geschätzt wird. Nebenan hat sich eine Gruppe Frauen an einen Tisch gesetzt. Eine von ihnen unterbricht das Gespräch: «Schreiben Sie bitte, wie wichtig es ist, was die Leute hier machen.»