Mit Herbizid gegen unerwünschten Wildwuchs: Die Grünen Wil Land kritisieren den Einsatz synthetischer Unkrautvernichtungsmittel auf einer Brachfläche im Zentrum Flawils. Sie befürchten negative Auswirkungen auf das Dorfbachwasser.
Ein Firmengelände im Zentrum von Flawil. Zwischen Gebäudefassade und Gartenzäunen ist ein Mann auszumachen, der mit einer Rückenspritze besprüht, was sich an Wildwuchs zwischen den Gehwegplatten hervor mogelt und hartnäckig auf der verdorrten Grasnarbe grünt. Die Szenerie wurde, wenige Tage nach dem Nein des Schweizer Volkes zur Trinkwasser- und Pestizidinitiative, fotografiert und den Grünen Wil-Land als Bild zugespielt.
Zeitlich fast schon provokativ und ausserdem ein No-Go, das hier System habe, sagt Vorstandsmitglied Dani Müller und ergänzt, dass mehrere Passanten bestätigt hätten, dass auf eben diesem Grundstück regelmässig mit Herbizid gegen die Spontanvegetation vorgegangen werde. Dies sei insbesondere deshalb problematisch, weil sich im Boden unter der Brachfläche der 60 Jahre alte Stollen des Dorfbachs befindet. «Dieser fliesst weiter via Goldbach und Glatt in die Thur, deren Wasserqualität wiederum die regionale Trinkwasserversorgung beeinflusst.»
Der Spritzmitteleinsatz auf unbefestigten Flächen, also ausserhalb von Strassen, Plätzen, Wegen oder Dächern, ist in der Schweiz grundsätzlich erlaubt. Gesetzeswidrig ist das Vorgehen der Unternehmensverantwortlichen beziehungsweise der mit dem Unterhalt des Betriebsgeländes beauftragten Firma folglich eher nicht. «Aber respekt- und verantwortungslos gegenüber der Natur und Umwelt», finden die Grünen Wil-Land. Wobei Dani Müller betont:
«Es geht uns nicht darum, jemanden anzuprangern, das verhärtet nur die Fronten.»
Die Partei wolle vielmehr an die Verantwortlichen appellieren, sich einsichtig zu zeigen und fortan das Areal umweltfreundlich zu pflegen.
Allerdings scheint die Einsicht im konkreten Fall bislang zu fehlen. Die Intervention beim Geschäftsführer des betreffenden Unternehmens sei auf wenig Resonanz gestossen, bedauert Müller. Wissend, dass gegenwärtig kaum andere Möglichkeiten bestehen, um zum generellen Verzicht auf synthetische Unkrautvernichtungsmittel zu motivieren, als die Sensibilisierung. Deshalb sagt Dani Müller:
«Wir fordern weiterhin ein Verbot für den Einsatz von Glyphosat.»
Bei der betreffenden Firma handelt es sich um einen exemplarischen Einzelfall, der aber dazu tauge, die Problematik mit Herbiziden auf privaten Flächen aufzuzeigen und die Liegenschaftsbesitzer für alternative Möglichkeiten zur Beseitigung des unerwünschten Bewuchses zu gewinnen.
Roundup, Gesal Super Rapid, Touchdown® System 4 – Totalherbizide gibt es in jedem Gartencenter frei ab Regal zu kaufen. Natürlich steht auf der Verpackung, dass diese Produkte nicht auf Strassen, Wegen, Plätzen oder Dächern angewendet werden dürfen. Ob sie letztlich ausschliesslich für die Unkrautbekämpfung zwischen Erdbeeren und Radieschen oder auf der Rasenfläche gekauft und nicht doch im Kampf gegen den Wildwuchs zwischen Verbundsteinen und Gehwegplatten eingesetzt werden, ist zumindest fraglich.
Bewusst, oder wider besseres Wissen. Wobei beides teuer werden kann, wie ein Beitrag des SRF-Konsumentenmagazins «Expresso» über eine Abwartin beweist, welche die Verbindungswege in einer Wohnsiedlung mit Unkrautvernichter behandelt hatte. Die Frau wurde – aufgrund einer Anzeige – zu einer bedingten Geldstrafe von 3'000 Franken und einer Busse von 600 Franken verurteilt.
Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, aber, wo kein Kläger, da kein Richter. Dem verbreitet saloppen Umgang mit Herbiziden soll nun aber ein Riegel geschoben werden. Im Rahmen des «Aktionsplans zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln», will der Bundesrat strengere Kriterien für die private Verwendung von Pflanzenschutzmitteln einführen. Unter anderem ist vorgesehen, dass die Zulassung von Herbiziden für die nicht berufliche Verwendung verboten wird. Und für berufliche Anwender, die heute schon eine Fachbewilligung benötigen, sind strengere Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung vorgesehen.
Die neuen Kriterien sind in der kantonalen Vernehmlassung. Die Inkraftsetzung ist auf Frühjahr 2022 geplant.