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Ostschweiz
Wil
Stadtpfarrer Roman Giger verlässt Wil bald. Bei seinem Abschiedsgottesdienst schien es jedoch, dass viele ihn nicht gehen lassen wollen.
Es war eine Mischung aus Dankbarkeit, Trauer und Freude, welche am Samstagabend in und um die Kirche St.Peter viele erfasste. Dankbarkeit, weil man 15 Jahre lang mit einem rundherum volksnahen und stets empathisch wirkenden Gottesmann in Wil leben durfte. Auch die Trauer war überaus verständlich, denn der oben bereits geschilderte Verlust des als Priester nach St.Gallen-West Wechselnden liess viele Gläubige die eine oder andere Träne heimlich verdrücken. Und Freude, da ein schönes Kapitel einen tollen Abschluss fand. Vor allem, weil der Abschiedsgottesdienst überaus würdig gestaltet wurde und Hunderte das schön geschmückte Gotteshaus bis auf den allerletzten Platz füllten. Ja, einige harrten auch die ganzen eineinhalb Stunden draussen vor der offenen Kirchentür aus.
Niemand, so schien es, wollte verpassen, was Roman Giger, auch genannt «Don Romano», in seiner letzten Predigt zu sagen hatte. Ausserdem war da ja noch nach dem Gottesdienst der «italienische Abend», zu dem die Pfarrei auf der Wiese zwischen Kirche und Pfarreizentrum einlud. Was konnte es Schöneres geben, als dass man sich an einem schönen Sommerabend bei einem guten Essen und einem netten Plausch von einem geschätzten Menschen verabschieden konnte?
Zuvor liess Roman Giger unter dem Motto «Der Herr ist mein Hirte» seine 15 Jahre als Priester in Wil – fünf als Kaplan, zehn als Stadtpfarrer – Revue passieren. Er tat dies in der Hoffnung, dass er – in der Nachfolge von Jesus Christus – den Wilern ein Vorbild und somit ein guter Hirte gewesen sei.
Dabei bezog sich Giger mehrfach auf das Abschiedsgeschenk der Kirchgemeinde Wil. Diese hatte ihm ein Bild des Wiler Künstlers Willi Buck geschenkt, welches einen Hirten zeigt, der, inmitten vieler Schafe, die Wiler Altstadt Richtung Osten verlässt. Das Bild war beim Altar aufgestellt und lag auch in zahlreichen Kopien auf. Genau so wie dieser Hirte, ziehe auch er nun nach Osten weiter.
Er hoffe aber, dass Wil auch nach ihm «viele gute Hirtinnen und Hirten» habe, denn «jeder von uns ist da und dort berufen, seinen Talenten entsprechend Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen», so Giger. Für Christen sei eine solche Haltung eine Selbstverständlichkeit, denn Jesus Christus berufe jeden dazu, «irgendwie vorauszugehen». Das Bild zeige aber auch einen Hirten, der nicht einfach eine Herde Schafe betreue, sondern der den Eindruck erwecke, jedes Schaf zu kennen. Und genauso habe er auch die Kirche immer verstanden, nämlich als einen Ort, an dem man nicht alleine bleiben sollte, sondern «an dem die Gemeinschaft gelebt wird».
Abschliessend bekannte er, dass er die Zeit in Wil genossen habe. «Es waren 15 wunderbare Jahre, in denen ich mir nie allein vorgekommen bin und ich habe mich immer von allen getragen gefühlt. Danke. Danke. Danke.» Dann brandete tosender Applaus auf.