Während mehr als eines halben Jahres finden ab morgen Freitag Feierlichkeiten und Anlässe zum Gallusjubiläum statt. Beteiligt ist auch das Wiler Kunstnetzwerk «Ohm41», das für seinen Jubiläumsbeitrag nach Apulien in Süditalien gereist ist.
Das Gallusjubiläum wird morgen offiziell eröffnet und umfasst eine ganze Reihe von Anlässen. Auch Kunstschaffende befassen sich mit dem vor 1400 Jahren in der Ostschweiz aufgetauchten Mönch. Das Wiler/Toggenburger/Hinterthurgauer Künstlernetzwerk «Ohm41» beschäftigt sich mit der Entstehung von Legenden. «Heute werden Leute, die später zu Legenden werden, als Stars bezeichnet», sagt «Ohm41»-Vizepräsident Markus Eugster und stellt gleich die Frage: «Wird also aus Roger Federer dereinst eine Legende?» Zumal seine Schweissbänder dürften in 1400 Jahren heiss begehrt sein, ja womöglich als Insignien oder Reliquie betrachtet werden, meint Eugster, so wie heute alles als Reliquie bezeichnet wird, das sicher oder auch nur vermutlich einem ehemaligen «Star» gehört hat.
«Gallus – ein Star und seine Reliquien» heisst das Kunstprojekt der 10köpfigen Gruppe «Ohm41». Reliquien von Gallus seien rar, erklärt Eugster weiter, da sein Körper nach seinem Tod regelrecht auseinandergenommen und an Klöster in ganz Europa verteilt worden sei. Nur ein Schädelfragment ist in der Stadt, die er einst unbewusst gegründet hatte, noch vorhanden. Da über Gallus fast alles hinlänglich bekannt und untersucht sei, habe man nach Hinterlassenschaften seiner Begleiter forschen wollen, so Eugster: «Seine Gefährten sind damals nach Norditalien weitergepilgert. Aber das Pilgern ist auch in den Jahrzehnten nach Gallus nicht zum Erliegen gekommen, und eines der Pilgerziele war Jerusalem.»
In Apulien – am «Stiefelabsatz» Italiens – hätten sich die Spuren der Jerusalem-Pilger auf der Via Appia Antica stets verloren. Nach diesen Spuren hat «Ohm41» in den vergangenen Tagen geforscht. «Wir waren fünf Tage in Martano bei Lecce und haben an mehreren Orten das Terrain untersucht», so der Wattwiler Kunstschaffende und «Ohm41»-Mitglied Roland Rüegg. Die Funde würden zurzeit ausgewertet und hernach ins Kunstprojekt aufgenommen, sagte Rüegg, der die Grabungen geleitet hatte.
Die Gruppe machte eine bemerkenswerte Erfahrung: «Die Pilger aus dem Norden sind den Einwohnenden von Martano, Otranto oder Santa Maria di Leuca nicht mehr im Bewusstsein. Die Belagerung durch die Türken im fünfzehnten Jahrhundert hat sie viel mehr beschäftigt, und deren Spuren sind ostentativer zu sehen.»
Noch nicht belegt ist die Hypothese, wonach eine Dreiergruppe von katholischen Pilgern, die vermutlich mit Gallus in Beziehung stand, von einem «Packbären», einem damals üblichen Lasttier, begleitet wurde. Man habe bei Martano zwar Knochen gefunden, so Rüegg, doch ob es sich dabei um die Überreste eines Bären handelt, soll eine Abklärung zeigen. Die Südspitze Apuliens ist im übrigen eine Fundgrube für Archäologen. Unweit von Martano wurden vor zwei Jahrzehnten die Überreste einer prähistorischen Siedlung, deren Ursprung in die Späte Bronzezeit (um 900 vor Christus) zurückreicht, freigelegt. Mit den eigenen Forschungen und Grabungen sei man zufrieden, sagten Roland Rüegg und Markus Eugster nach ihrer Rückkehr am Dienstag.
Die Erkenntnisse zur Legendenbildung sowie Fundstücke aus Martano werden im Rahmen des Gallusjubiläums von «Ohm41» an der Wanderausstellung «Gallus – ein Star und seine Reliquien» vom 3. bis 30. August nacheinander in Wil, Alt St. Johann, Altstätten und St. Gallen gezeigt.