Fremdgehen ob dem Damm

Kinder vergnügen sich, tollen umher. Erklimmen den Kletterturm, sausen kreischend auf der Rutschbahn hinunter. Hüpfen auf dem Minitrampolin umher. Testen ihre manuellen Fähigkeiten mit Hantieren auf dem kleinen Bagger.

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Kinder vergnügen sich, tollen umher. Erklimmen den Kletterturm, sausen kreischend auf der Rutschbahn hinunter. Hüpfen auf dem Minitrampolin umher. Testen ihre manuellen Fähigkeiten mit Hantieren auf dem kleinen Bagger. Ein herrlicher Frühlingstag auf dem öffentlichen Spielplatz beim Feuerwehrdepot Oberuzwil. Mitten im Dorf und dennoch frei von Verkehrslärm, bildet der Ort so etwas wie eine kleine Oase. Studlis Enkelkinder Leila und Laurin toben sich aus. Und knüpfen sogleich Kontakte. «Bist du ein Räupli?», fragt ein Mädchen den Knaben. Als dieser bejaht, sagt es: «Ich bin ein Schmetterling.»

Enkel hüten zählt zu Fritz Studlis bevorzugten Aufgaben, seit er den Ruhestand angetreten hat. Er hat sich's auf einer Ruhebank bequem gemacht. Schmökert in Martin Suters neustem Roman «Montecristo». Studli vermeidet es tunlichst, eine Havanna gleichen Namens in Brand zu stecken. Er will kein schlechtes Vorbild sein. Zumal Rauchen auf dem Spielplatz richtigerweise untersagt ist.

Nicht nur zwischen den ihm anvertrauten Kindern, auch zwischen Erwachsenen entstehen Gespräche. Eine junge Mutter ist gleich Studli «fremdgegangen», wie sie lachend bekennt. Wohnhaft in Niederuzwil, hat sie in Ermangelung eines entsprechenden Angebots nid dem Damm den Spielplatz in Oberuzwil entdeckt. «Wir wohnen seit einem Jahr in Niederuzwil und beginnen uns langsam einzugewöhnen», sagt die Frau. Doch ihre Tochter bekundet noch etwas Mühe, «Gspänli» zu finden. Ist sie doch das einzige Kleinkind im Mehrfamilienhaus, das die Familie bewohnt. Nun hofft die Mutter, dass sich die Situation mit dem Eintritt ihrer Tochter in die Primarschule verbessert. Die Frau setzt ihre Erwartungen auch auf den Spielplatz beim Niederuzwiler Marktplatz, der in den kommenden Wochen mit viel Aufwand neu gestaltet wird.

Während die junge Mutter ihr Smartphone zur Hand nimmt, widmet sich Studli der Lektüre seines Buches. Doch nicht lange. Hat er doch auf Geheiss seines Enkels auf der Schaukel Platz zu nehmen, um dort zusammen mit dem Knaben das Gleichgewicht auszutarieren. Energie und Freude der Kinder bleiben ungebrochen. «Ein cooler Spielplatz ist das hier, Opa», sagen seine beiden Enkel.

Fritz Studli sitzt in Gedanken versunken auf der Bank. Geniesst die wärmenden Sonnenstrahlen. Überblickt den Platz mit den spielenden Kindern. Sinniert, wie sich deren Lebenshorizont weit öffnet und sein eigener Kreis sich mehr und mehr schliesst. «Kinder bedürfen ständig des Zeitvertreibs, sei er Spiel oder Arbeit», hat Arthur Schopenhauer in seinen Aphorismen über das Alter notiert. Stocke diese Zeiterfüllung, so ergreife Kinder augenblicklich Langeweile, fährt der deutsche Philosoph fort: «Auch Jünglinge sind ihr noch sehr unterworfen und sehen mit Besorgnis auf unausgefüllte Stunden. Im männlichen Alter aber schwindet die Langeweile mehr und mehr. Greisen wird die Zeit stets zu kurz, und die Tage fliegen pfeilschnell vorüber.»

Fritz Studli ist Journalist im Ruhestand und kommentiert regelmässig das Lokalgeschehen.