Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Die Grundidee dahinter scheint aber vielen Leuten noch unklar geblieben zu sein.
Der sächsische Hofkämmerer Hans von Carlowitz definierte 1713 Nachhaltigkeit als angemessenes Umgehen mit Ressourcen, um die Regenerationsfähigkeit des bewirtschafteten Waldbestandes zu sichern. Mit angeblich nachhaltig produzierten Mobiltelefonen, wie das neulich auf den Markt gekommene Fairphone, hat das wenig zu tun. Der Begriff wird heute als politische Worthülse, als Füllung oder Marketingfloskel missbraucht – quasi um das Gewissen der Konsumenten zu besänftigen.
In reichen Ländern wird ein Vielfaches der nachhaltig verfügbaren Ressourcen verbraucht. Um den aktuellen Lebensstil beizubehalten, wären etwa 2,7 Erden vonnöten: Momentan existiert eine. Und nur die wenigsten wären wohl bereit, ihren Lebensstandard herunterzuschrauben. Wir leben also keineswegs nachhaltig, auch wenn wir nachhaltig hergestellte Güter erwerben.
Nachhaltigkeit ist in der Industrie zur konsensstiftenden Wohlfühlformel geworden, denn wenn sich etwas regeneriert, ist es gleichzeitig zum bedenkenlosen Konsum geschaffen. Nachhalten bedeutet doch, dass etwas noch lange andauern – also dauerhaft sein – soll.
Offensichtlich meinen es Unternehmen und Kunden noch nicht richtig ernst und machen sich was vor: Nachhaltig produzierte Fernsehgeräte halten nur noch sechs Jahre, Kleidung drei, Mobiltelefone zwei und Energiesparlampen ein Jahr. Es wird immer mehr statt weniger in den Schlund des Abfalleimers gestopft, und trotzdem soll mit dem heiligen Wort die Welt gerettet werden. Der Begriff versucht, dem Gang der Dinge zu trotzen und ist dabei zu einem Trugbild geworden.
christoph.hunziker@wiler- zeitung.ch