EC Wil manövriert sich ins Offside: Der Präsident will vom EHC Kreuzlingen-Konstanz ein Nein zum neuen Frauenteam von Marcel Herzog

Die Wiler Eishockeyfrauen möchten unter dem Namen HC Ladies Wil am Ligabetrieb teilnehmen. Dem Antrag müssen alle anderen NLB-Clubs zustimmen. Doch nun ist klar: Kreuzlingen-Konstanz wird als einziges Team ablehnen. Brisant: Roger Dietschweiler, Präsident des EC Wil, hat Vertreter des Thurgauer Clubs am Mittwoch in der Bodenseearena getroffen – und sie offenbar dort überzeugt.

Tim Frei
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Zwei Wilerinnen (in Schwarz-Grün) kämpfen im Spiel gegen Kreuzlingen-Konstanz um den Puck. Ausgerechnet in den Händen dieses Clubs liegt das Schicksal des vom EC Wil zurückgezogenen Frauenteams, das unter dem neuen Namen HC Ladies Wil weiterspielen möchte. (Bild: Tim Frei)

Zwei Wilerinnen (in Schwarz-Grün) kämpfen im Spiel gegen Kreuzlingen-Konstanz um den Puck. Ausgerechnet in den Händen dieses Clubs liegt das Schicksal des vom EC Wil zurückgezogenen Frauenteams, das unter dem neuen Namen HC Ladies Wil weiterspielen möchte. (Bild: Tim Frei)

Noch ist das Frauenteam von Gründer Marcel Herzog nicht Geschichte. Unter dem EC Wil hat die Equipe nach dem vom Verein beschlossenen Rückzug aber keine Zukunft mehr. Aufgegeben haben Herzog und Frauenteamleiter Sandro Brasi aber noch lange nicht. Wie Herzog gegenüber der «Wiler Zeitung» bestätigt, hätten sie beim Verband und den anderen neun NLB-Teams folgenden Antrag eingereicht: Anstelle der EC Wil Ladies sei der HC Ladies Wil in der zweithöchsten Frauenliga spielberechtigt.

Die Pläne, als neuer Verein unter neuem Namen an der Meisterschaft teilzunehmen, bestehen schon länger. Herzog sagt:

«Seit wir erfahren haben, dass das Team nur provisorisch gemeldet wurde und niemand vom Vorstand uns darüber informiert hat, fahren wir zweigleisig.»

Als der EC Wil das Frauenteam offiziell zurückzog, wurden die Pläne intensiviert.

Kreuzlingen-Konstanz war schon Nutzniesser

Damit das Team unter neuem Namen starten darf, müssen alle anderen NLB-Vereine und der Verband zustimmen. Dieser hat bereits eingewilligt. Am Tag, als der Rückzug publik wurde, verschickte der Frauenteamleiter ein Mail an alle NLB-Teams mit dem Antrag.

Dass für Clubs solche Lösungen gefunden werden, ist im Fraueneishockey keine Seltenheit. Pikanterweise profitierte Kreuzlingen-Konstanz: So soll die NLB laut einem Verantwortlichen eines anderen Clubs auch schon extra für die Thurgauer aufgestockt worden sein. Dazu Herzog:

«Der Verband und die Liga haben in der Vergangenheit immer im Sinne des Fraueneishockeys gehandelt.»
Marcel Herzog (Bild: PD)

Marcel Herzog (Bild: PD)

Geschehnisse, die an einen TV-Krimi erinnern

Einen Tag vor der Regionalversammlung Ostschweiz, an der über den Antrag befunden wird, sieht es nicht gut aus. Herzog hat derzeit zwar Zusagen von acht Vereinen, doch gestern Abend – und damit nicht einmal zwei Tage vor der Versammlung – teilte der EHC Kreuzlingen-Konstanz in einem Mail an die Liga und alle NLB-Vereine mit, dass er den Antrag ablehnen wird.

Ausschlaggebend für diesen Beschluss ist ein Treffen zwischen Vertreter des EC Wil und des EHC Kreuzlingen-Konstanz. Es fand am Mittwochvormittag im Restaurant der Bodenseearena statt und erinnert fast ein wenig an einen TV-Krimi. Am besagten Tag trafen sich Roger Dietschweiler, Präsident des EC Wil, und Finanzchefin Gabriela Hasler mit Andreas Staub, Präsident von Kreuzlingen-Konstanz und Nachwuchschefin Andrea Kröni.

Beide Präsidenten nehmen vorerst keine Stellung

Das Treffen wurde dieser Zeitung durch zwei voneinander unabhängige Quellen bestätigt. Beide Präsidenten wollten am Donnerstag zu diesem Treffen nicht Stellung nehmen – mit dem Zusatz: Es sei ein Feiertag. Im Mail von Kreuzlingen-Konstanz, das der «Wiler Zeitung» vorliegt, wird das Meeting bestätigt.

Präsident Roger Dietschweiler (Mitte) und Marketingchef Daniel Knecht (rechts) übernahmen Ende Januar die Führung des EC Wil. Peter Wittwer (links) blieb dem Vorstand als Aktuar erhalten. (Bild: Tim Frei)

Präsident Roger Dietschweiler (Mitte) und Marketingchef Daniel Knecht (rechts) übernahmen Ende Januar die Führung des EC Wil. Peter Wittwer (links) blieb dem Vorstand als Aktuar erhalten. (Bild: Tim Frei)

Es stellt sich die Frage, was die Vereinsvertreter miteinander besprachen. Und jetzt wird es abenteuerlich: Wie die «Wiler Zeitung» von einer gut unterrichteten Quelle erfahren hat, wollte Dietschweiler die Vertreter von Kreuzlingen-Konstanz davon überzeugen, dass der Verein den besagten Antrag ablehnen solle. Diese Bitte hat der EC Wil tatsächlich geäussert, wie aus dem Mail von Kreuzlingen-Konstanz hervorgeht.

Vorwürfe an Marcel Herzog waren ebenso ein Thema

Zu diesem Entscheid wollten beide Präsidenten gestern nicht Stellung beziehen. Wie aus dem Mail hervorgeht, sei über die Themen «nicht nachhaltig» und «dynamisches Arbeiten ausserhalb gegebener Kompetenzen einiger Beteiligter» gesprochen worden. Herzog, der vor allem damit gemeint ist, streitet diese Vorwürfe ab. Weiter heisst es im Mail:

«Der EC Wil ist dem Fraueneishockey weiter wohlgesinnt.»

Der EC Wil will also verhindern, dass sein ehemaliges Frauenteam in der nächsten Saison am Meisterschaftsbetrieb teilnehmen kann. Vor allem aber wird den Spielerinnen die Möglichkeit genommen, in der nächsten Saison Partien zu bestreiten.

Spielerinnen haben mit Unverständnis, Konsternation, Enttäuschung und Wut reagiert

Das Unverständnis bei den Spielerinnen war nach Bekanntgabe des Teamrückzugs vor einer Woche gross. Laut Herzog herrschte nebst Konsternation und Enttäuschung auch Wut. Eine Spielerin sagt:

«Was soll das? Wir wollen doch nur unserem geliebten Hobby nachgehen.»

Spielerinnen bekennen sich zum HC Ladies Wil

Angenommen, Kreuzlingen-Konstanz würde noch einen Rückzieher machen, fragt sich: Könnten die Verantwortlichen der HC Ladies Wil mit dem aktuellen Kader spielen? Könnte das Team die Eishalle Bergholz nutzen? Eine entsprechende Anfrage ist deponiert bei der Wispag, die die Eishalle im Namen der Stadt verwaltet. Über die Spielerinnen sagt Herzog: «Wir können auf ihre Loyalität zählen». Herzog ist zudem mit mehreren Sponsoren in Gesprächen:

«Es ist unglaublich, auf welchen Rückhalt wir in der Bevölkerung, der Eishockeyszene, aber auch bei Sponsoren zählen können.»

Noch hat Kreuzlingen-Konstanz die Möglichkeit, am Samstag dem Antrag zuzustimmen.

Herzog bestreitet Vorwürfe: «Haben uns innerhalb der Kompetenzen bewegt»

Anfang dieser Woche erhob Roger Dietschweiler, Präsident des EC Wil, Anschuldigungen gegen Frauenteamgründer Marcel Herzog. Der Hauptvorwurf: Mit den getätigten Transfers im Namen des Vereins, ohne dass der Vorstand etwas davon wusste, habe Herzog «ausserhalb der Kompetenzen dynamisch» gearbeitet.

«Wir haben die Kompetenzen in keiner Weise überschritten», sagt Herzog. Die Kompetenzen des Betreuerstabs der Frauen seien an der Vorstandssitzung vom März 2018 definiert und protokolliert worden. Dietschweiler übernahm das Präsidentenamt erst Ende Januar 2019. «Wir bewegten uns stets innerhalb dieser Kompetenzen», so Herzog. Weiter bemängelt Dietschweiler, dass dem Vorstand die Verträge der transferierten Spielerinnen nicht vorlägen. Dazu Herzog: «Auf die abgelaufene Saison hin wurden erstmals Vereinbarungen eingeführt, was im Fraueneishockey unüblich ist.» Er betont, dass es sich dabei nicht um Verträge handle, sondern um Vereinbarungen, «die mehr oder weniger regeln, dass die Spielerin für Wil spielt». Von diesen sei dies als Geste der Wertschätzung verstanden worden.

Begründet wurde der Teamrückzug vom Vorstand auch mit finanziellen Motiven. Er kritisierte, dass die getätigten Transfers oft hohe Kosten verursachen würden. «Da im Fraueneishockey keine hohen Ablösesummen bezahlt werden, belaufen sich die Transferkosten von solchen Topspielerinnen auf die Lizenzkosten gemäss Reglement des Schweizer Verbandes.» 

Auch bemängelt Dietschweiler, das von Herzog im Januar vorgestellte Budget für das Frauenteam sei mit 44 000 Franken mehr als doppelt so hoch wie zuvor. Herzog bestreitet dies und sagt: «Vielmehr haben wir, die Verantwortlichen des Frauenteams, in Vergangenheit den Rest der Ausgaben selber – durch Arbeitseinsätze und Sponsoren – beschafft und gestemmt».

Weiter beanstandet Dietschweiler eine fehlende Nachhaltigkeit. Er sagt: «Wir haben wenig eigenen Nachwuchs im Frauenbereich». Herzog widerspricht: «Bereits seit der Teamgründung spielen drei Nachwuchsspielerinnen aus dem Nachwuchsverbund EC Wil dauerhaft bei den EC Wil Ladies.» Die anderen Spielerinnen würden aus dem Einzugsgebiet der Ostschweiz stammen.

Herzog ist enttäuscht, dass sein Team keine Zukunft beim EC Wil hat. Doch es gehe nicht um seine Person. «Für den Erfolg der EC Wil Ladies sind so viele Persönlichkeiten verantwortlich. Es ist sehr schade, dass sich der Vorstand des Imageschadens, den er mit diesem Entscheid anrichtet, nicht bewusst ist.» (tm)