Noch eine Hürde trennt Susanne Hartmann von der Kandidatur für den Regierungsrat: Zuversicht ist trotz Konkurrenz innerhalb der CVP gross

Die CVP-Regionalpartei hat Susanne Hartmann als Regierungsratskandidatin nominiert. Der erste Schritt ist getan. Heute Abend muss sie sich an der Nominationsversammlung der CVP St. Gallen gegen den ehemaligen Nationalrat Thomas Ammann durchsetzen.

Gianni Amstutz
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Bruno Cozzio, Präsident der CVP Wil-Toggenburg, hofft, dass sich die Wiler Stadtpräsidentin Susanne Hartmann im internen Rennen um die Kandidatur für den Regierungsrat gegen den Rheintaler Thomas Ammann durchsetzt. Bild: Gianni Amstutz

Bruno Cozzio, Präsident der CVP Wil-Toggenburg, hofft, dass sich die Wiler Stadtpräsidentin Susanne Hartmann im internen Rennen um die Kandidatur für den Regierungsrat gegen den Rheintaler Thomas Ammann durchsetzt. Bild: Gianni Amstutz

Dass die Wiler Stadtpräsidentin Susanne Hartmann mit einer Kandidatur für die Kantons­regierung liebäugelte, war kein Geheimnis. In einem Interview mit dieser Zeitung Ende 2018 darauf angesprochen, liess sie sich jedoch noch nicht in die Karten blicken. «Es kommt, wie es kommen muss», sagte sie damals. Seit Sonntag ist nun klar, dass Hartmann den frei werdenden Sitz von Benedikt Würth in der St.Galler Regierung für die CVP verteidigen möchte. Sie sagt dazu:

«Eine solche Chance kommt nicht jedes Jahr»

Deshalb habe sie sich entschlossen, zu kandidieren, und das, obwohl sie ihr Amt als Stadtpräsidentin von Wil sehr gerne ausübe. Sie sei sich bewusst, dass das Amt als Regierungsrätin eine andere Liga sei. Mit ihrer Erfahrung fühle sie sich aber bereit für diesen Schritt.

Bis zu einem allfälligen Einzug in die Kantonsregierung muss Hartmann aber noch ­einige Hürden nehmen. Noch vor der eigentlichen Wahl am 8.März im nächsten Jahr steht bereits heute eine parteiinterne Ausmarchung an. Für Susanne Hartmann gilt es dabei, von den Delegierten der Kantonalpartei offiziell nominiert zu werden. Da sie von der Parteileitung ins Spiel gebracht wurde, stehen die Chancen dafür gut.

Ein ernst zu nehmender Gegner

Mit dem abgewählten Nationalrat Thomas Ammann stellt ihr die Rheintaler CVP-Regionalpartei aber einen gewichtigen Gegner entgegen. Das gestanden am Donnerstagabend an der Delegiertenversammlung der CVP Wil-Toggenburg im Hof zu Wil, wo Hartmann einstimmig nominiert wurde, auch deren Mitglieder unumwunden ein. Bruno Cozzio, Präsident der Regionalpartei, sagte: «Thomas Ammann ist ohne Zweifel ein äusserst fähiger Politiker und eine starke Persönlichkeit.»

Die Zuversicht, dass Hartmann sich bei der internen Ausmarchung durchsetzt, ist trotzdem gross. Egal, mit wem man an diesem Abend sprach, keiner zweifelte daran, dass die Delegierten der Kantonspartei die Wiler Stadtpräsidentin ins Rennen schicken werden. «Das nötige Rüstzeug dazu bringt sie zweifellos mit», sagte Franklin Munishi, Präsident der CVP Wil. Auch in schwierigen Situationen agiere sie stets souverän. Das habe sie als Stadtpräsidentin wiederholt unter Beweis gestellt. Bruno Cozzio beurteilt das ähnlich:

«Susanne Hartmann ist äusserst kompetent und kommunikativ stark.»

Zudem sei sie wenn nötig auch dazu bereit, ­unpopuläre Entscheidungen zu treffen und diese zu vertreten.

Kompetenzen sind entscheidend

Die Auswirkungen regionalpolitischer Überlegungen schätzen die Verantwortlichen als gering ein. Dass bei einer Wahl von Susanne Hartmann drei Sitze im Regierungsrat mit Politikern aus dem Wahlkreis Wil besetzt wären, stelle kein Problem dar, so der Tenor. Auch Hartmann selbst sagt:

«Als Regierungsratsmitglied ist man für den ganzen Kanton zuständig.»

Der Wohnort spiele keine Rolle.

Die Frauenfrage könnte gemäss den Einschätzungen der Wiler Delegierten aber durchaus den Ausschlag geben. Sowohl Cozzio als auch Munishi äusserten sich dahingehend. Und auch Susanne Hartmann sagte: «Mehr Frauen und damit ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis würde der Regierung guttun.» Alle drei betonten jedoch auch, dass letztlich die Kompetenzen entscheidend seien.

Hinweis
Nominationsversammlung der CVP St.Gallen ab 18.30 Uhr im Kantonsratssaal in St.Gallen.

Das Geschlecht als Bonus, der Wohnort als Nachteil

Bei Wahlen in die Regierung spielen neben der politischen Laufbahn weitere Faktoren eine Rolle. Beim Bundesrat wird beispielsweise darauf geachtet, dass sowohl die verschiedenen Landesteile als auch Geschlechter ausgewogen vertreten sind.

Eine ausformulierte Regel gibt es dabei nicht, von Quoten ganz zu schweigen. Einfluss hat es allemal. Die Wahl von Ignazio Cassis in den Bundesrat war unter anderem auch ein Zugeständnis an das Tessin, das zuvor fast zwei Jahrzehnte ohne Vertretung in der Landesregierung war. Selbes gilt in Bezug auf die Ostschweiz für Karin Keller-Sutter. Auch bei den Regierungsratswahlen dürften solche Faktoren eine Rolle spielen. Für die Wiler Stadtpräsidentin Susanne Hartmann hat das Vor- wie auch Nachteile.

In die Karten spielt Susanne Hartmann, dass Frauen in der St. Galler Regierung untervertreten sind. Zurzeit ist Heidi Hanselmann die einzige Regierungsrätin – und sie tritt per Ende der Legislatur zurück. Die Forderung nach einer angemessenen Vertretung von Frauen in der Politik erhielt bei vergangenen Wahlen stetig mehr Gewicht. Jüngstes Beispiel waren die National- und Ständeratswahlen, die von vielen Politbeobachtern nicht nur als Klimawahl, sondern auch mit dem Begriff Frauenwahl zusammengefasst wurden.

Dass die SP Heidi Haselmanns Sitz mit der 35-jährigen Laura Bucher verteidigen will, muss Hartmann dabei nicht zwingend zum Nachteil gereichen. Im Gegenteil: Gegenüber ihrem parteiinternen Mitbewerber Thomas Ammann könnte ihr das sogar Vorteile einbringen. Neben dem Geschlecht ist nämlich auch eine ausgewogene Vertretung der Regionen in der Regierung ein Kriterium.

Da hat Susanne Hartmann als Wilerin eigentlich schlechte Voraussetzungen. Mit Stefan Kölliker (Bronschhofen) und Marc Mächler (Zuzwil) ist die Region Wil bereits gut in der St. Galler Regierung vertreten. Käme bei einer Wahl von Susanne Hartmann eine weitere «Wiler» Regierungsrätin dazu, könnten Kritiker gar von einer Übervertretung sprechen.

Doch hier kommt SP-Politikerin Laura Bucher ins Spiel. Sie kommt genau wie Thomas Ammann, Hartmanns Konkurrent innerhalb der CVP, aus dem Rheintal. Die Regionenfrage rückt bei der CVP damit ein Stück weit in den Hintergrund. Denn eine allfällige Dreifachvertretung der Region Wil in der Kantonsregierung mag wohl überproportional sein, gleiches können Hartmanns Unterstützer aber auch über eine mögliche Doppelvertretung des Rheintals sagen.