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Ostschweiz
Wil
Erzählphilosoph Philipp Galizia gastierte am Freitag im Chällertheater.
«Mii Kater dä hätt sibe Läbä!» sang Endo Anaconda einst in seinem Song «Moudi». Moudi war dem Whisky erlegen aber nicht unterlegen. Sechs Mal starb Moudi schier, aber zu Moudis endgültigem Tod sagte der Stille Has nichts. Und wenn er denn noch nicht gestorben ist, so lebt er heute noch. Philipp Galizias Kater liebt den Schnaps ebenso und auch sein Kater kommt fünf Mal wieder. Was in seinem siebten Leben geschieht, respektive wann, wie oder warum es beendet wird, erfährt man nicht. Aber dazwischen ist einiges los in des Katers Leben.
Galizias Kater wird einsam in einer Dachkammer geboren, die er zeit seines Lebens nur selten verlässt. Und wenn, dann nur zum «dommi Hünd verarsche oder den Chatzen nachrennen.» Meist stirbt er bei seinen Ausflügen: «Niemmert häät mer xsait, me sett nur bi Grüen laufe.» Der Kater sammelt seine Knochen zusammen und beginnt von (fast) neuem.
Wiedergeboren sinniert er über sein Leben und die Welt und die Wahrheit und überhaupt. Erst bei seiner dritten Reinkarnation dämmerts ihm: «Nöd aifach druflos laufe – Hirni iischalte!» Aber gerade dieses Hirn, das schmerzt zuweilen nach diesen Crashs mit dem Leben oder dem «Chrütter», beides gehört fast wie zusammen und beides bereitet zuweilen Kopfschmerzen. Nach der zweiten Wiedergeburt beginnt der Kater zu denken und sich Gedanken über Gott und die Welt zu machen: «D’Söi vo hütt sind d’Schinke vo morn. Und d’Schinke sind immer Aktion.» Was zwar so nicht stimmt, denn es sind Eber nicht Sauen, aber es tönt gut und nach oben, sprich: in die Tiefe, besteht noch Potential.
Aber dann «simmer scho zmittz drin i de ganz grosse Themene»: das Leben aus dem Urknall, die Liebe nicht nur etwas Chemisches, schliesslich Sokrates, der habe ja gesagt: «Jede waisses.» Doch Wissen ist eine Frage des Glaubens, sagt der Kater, der Sokrates Gedanken weiter denkt, und die Gefahr des Glaubens besteht darin, «dasme glaubt me waisses.» Sokrates hat gefährlich gelebt und ist schliesslich unwiedergebärbar am Gift im Becher gestorben. Nun fällt der Katzenmann vollends ins Philosophieren: Glaube, Wahrheit, Macht, Recht haben: «Jede hätt recht aber i waisses.» Und dann putzt sich Germaine, seine Angehimmelte, die Katzendame im Fenster auf der anderen Seite der Strasse lasziv ihre Nasenhaare. Doch an diesem Tag hockt sie plötzlich nicht mehr da. Sie ist abgehauen, nach Paris, in die Stadt der Mode, des Glanzes, der Scheinwelt.
Der Kater katert ihr nach und stirbt dabei ein weiteres Mal. Mal wieder nicht aufs Rotlicht geachtet. Galizia lässt ihn reinkarnieren, weiter fabulieren, philosophieren. Galizia erzählt, schnappt seinen Kontrabass, gibt seinen Worten noch mehr Ausdruck, und Christian Roffler am Klavier fühlt in seinem Spiel den Gemütszuständen des Erzählers/Katers nach. «De Sokrates hätt xsait, me sött d’Mensche nöd a dem mässe, was si säget, sondern a dem, was si nöd säget.» Es war die letzte Vorstellung des Jahres im Chällertheater. Am 9. Januar kommt Simon Enzler mit «wahrhalsig».