60 plus Oberuzwil hat Bedürfnisse der älteren Generation eruiert und die Anliegen dem Gemeinderat präsentiert.
Der Übertritt vom Arbeits- ins Pensionsalter ist ein grosser Schritt, der nicht selten unterschätzt wird. Der gewohnte strukturierte Tagesablauf fällt dahin – manches muss neu gestaltet und aufgegleist werden. Für viele der über 60-Jährigen gewinnen Begegnungs- und Bewegungsmöglichkeiten im nahen Lebensumfeld zunehmend an Bedeutung.
«Nach dem Berufsleben ist es wichtig, neue Kontakte zu pflegen», sagt Paul Stengel. Der pensionierte Lehrer und Heilpädagoge ist Mitglied der Spurgruppe von 60 plus Oberuzwil. «Wir sind kein Verein und kennen daher keine Statuten», sagt Stengel. «Dem Leben mehr Jahre – den Jahren mehr Leben geben», lautet der Grundsatz, mit der die Website übertitelt ist.
Einen ersten Erfolg darf die Gruppe bereits vermelden. So hat sich Gemeindepräsident Cornel Egger auf Initiative von 60 plus bereit erklärt, drei Bürgersprechstunden durchzuführen. «Das neue Angebot ist als Versuch zu verstehen», sagt Egger. Am 2. September, 28. Oktober und 2. Dezember haben Einwohner Gelegenheit, ohne Voranmeldung ein kurzes Gespräch mit dem Gemeindepräsidenten zu führen. Die Bürgersprechstunde findet jeweils montags zwischen 17 und 18 Uhr im Gemeindehaus statt. Wartezeiten können nicht ausgeschlossen werden. Für komplexe Anliegen ist nach wie vor eine Terminvereinbarung ausserhalb dieser Zeiten erforderlich. Es wird sich zeigen, ob die Bürgersprechstunde einem Bedürfnis entspricht und regelmässig genutzt wird beziehungsweise ob und in welchem Rhythmus sie künftig terminiert wird. «Ich bin jedenfalls gespannt auf die ersten Bürgersprechstunden», sagt Egger.
«Was heisst für uns Lebensqualität in der Gemeinde Oberuzwil?» Diese Frage versuchten über 200 interessierte Einwohner an einem Anlass in diesem Frühjahr zu beantworten. Sie diskutierten über ihre Bedürfnisse, Zukunftsvorstellungen und Ideen für das Zusammenleben. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Netzwerkprojekts 60 plus statt, welches von der Gemeinde initiiert und vom Amt für Gesundheitsvorsorge des Kantons St.Gallen unterstützt wurde. Eine Spurgruppe unter der Leitung von Gemeinderätin Caroline Bartholet hatte den Bestand aller Angebote für ältere Menschen erhoben und die Werkstattveranstaltung vorbereitet.
Oberuzwil verfügt – vor allem auch dank der Kirchgemeinden – bereits über eine breite Palette von Angeboten zur Bewegung und Begegnung sowie zur Unterstützung im Alltag. Getragen wird das neue Projekt von zwei Grundgedanken: Zum einen soll die Information und Koordination aller Angebote, auch der professionellen, verbessert werden. Zum anderen möchte die Gemeinde die Bedürfnisse der älteren Einwohner ausloten, um diese bei der langfristigen Angebotsplanung zu berücksichtigen. Die Bevölkerung soll ermutigt werden, Projektideen zu entwickeln und zu realisieren.
Die Sonnenseiten in Oberuzwil sind unumstritten: das Naherholungsgebiet, die Infrastruktur und der gute öffentliche Verkehr, aber auch das aktive Vereinsleben. Bemängelt wurden das Littering und die fehlende Koordination aller Angebote für ältere Menschen. Die Visionen und Ideen sind vielfältig: So wurde als Kuriosum eine Hängebrücke Bichwil-Oberuzwil angedacht, ebenso eine Plattform für gegenseitige Unterstützung oder ein Begegnungszentrum. Viele ältere Menschen möchten einen offenen, ungezwungenen Treffpunkt. Sie wollen im Dorf bleiben und wünschen sich vielfältige, bezahlbare Wohnmöglichkeiten.
Diese strukturellen Anliegen hat die Gruppe dem Gemeinderat vorgestellt. In einem Gespräch wurde darüber diskutiert. Thema war unter anderem der öffentliche Verkehr in Wilen-Niederglatt. Auch die Ruhebänke waren ein Stichwort. «Dieses Anliegen muss allerdings noch konkretisiert werden», sagt Egger. Der fehlende Wetterschutz bei Bushaltestellen war ein weiterer Diskussionspunkt. «Wir sind dankbar und froh, dass sich die Gruppe dieser Anliegen annimmt», resümiert Egger.