Alte Wiler Häuser (7): Das Haus Friedberg. 1880 erbaute Vincenz Ignaz Wild das Haus am Bergliweg 14. Unter anderem lebten dort sein Sohn Ernst Wild, Stadtammann und Ehrenbürger von Wil, sowie dessen Nachkomme Ernst Wild.
Noch im vorletzten Jahrhundert, nämlich 1880, wurde das Haus am Bergliweg 14 erbaut. Im Erdgeschoss befand sich der erste Kindergarten. Laut den aktuellen Besitzern wurde das Haus schon immer «Friedberg» genannt. Dieser Name wurde möglicherweise einem gleichlautenden Flurnamen entlehnt. Im Jahr 2010 wurde das Haus letztmals einer Innensanierung unterzogen. Den Besitzern war es wichtig, dass dabei die alte Substanz nicht verändert wird. Architektonisch auffällig ist besonders das «gestrickte Schieferdach». Dieses wurde vor allem vom Heimatstil inspiriert gestaltet, welcher laut dem Online-Lexikon Wikipedia auf das Landleben und die Romantik, also einer Idealisierung der Natur zurückgeht. Passend dazu steht das Haus Friedberg noch heute mitten im Grünen.
Was dieses Haus jedoch wirklich einzigartig macht, sind seine illustren Bewohner. 1905 bis 1941 lebte und wirkte Ernst Wild (1873–1943) im «Friedberg». Er war Stadtammann, Kantonsrat und Autor der Verfassungsgeschichte. Zudem wurde er als Ehrenbürger von Wil ernannt. Ebenfalls war er Mitglied des ersten Verwaltungsrates der Badi Weierwiese, welche 1930 noch als Aktiengesellschaft organisiert war. Ferner amtete er als Präsident des Tourismusvereins. Aus der Ehe des Stadtammanns mit Anna Wild geborene Sailer, einem der ältesten Wiler Geschlechter, ging als jüngstes von fünf Kindern ihr Sohn Ernst Wild hervor (1916–2008). Dieser wurde einer breiteren Öffentlichkeit als Philosoph und Querdenker bekannt. Um «sein» Städtchen Wil kümmerte er sich mit grossem Engagement. Zu erwähnen seien hier besonders sein Einsatz für die Kultur im Ortsbürgerrat, aber auch seine Theaterinszenierungen beim Bürgertrunk. Vielfach wurde die «Nonne von Wyl» von Landammann Carl Georg Jakob Sailer, einem seiner Vorfahren, aufgeführt. Ein Höhepunkt seiner künstlerischen Arbeit war die 1950 geschriebene Wiler Willkomm-Kantate, deren Titel zu Deutsch «Gottesstadt – Stadt auf dem Berg» lautete. Seine visionären Ideen waren vielen Menschen fremd, weshalb Konflikte unausweichlich waren.
«Für uns ist das Haus ein geschichtsträchtiges Schmuckstück, welches wir unbedingt davor bewahren wollen, dass es einem modernen Bau weichen muss.» Für die aktuellen Besitzer ist klar, dass dabei nicht der Luxus zählt. Vielmehr heben sie hervor, dass die ursprüngliche Substanz erhalten geblieben ist. Grössere bauliche Eingriffe seien stets vermieden worden. Auch in Zukunft soll das Haus Friedberg unberührt bleiben. «Das von ihm (Ernst Wild) und seinen Vorfahren bewohnte Heim verdient es aber ohne Zweifel, auch künftige Jahrzehnte wohlerhalten zu überdauern.» Dies auch im Sinne von Ernst Wild und unter Wahrung der historischen Bedeutung.
Quelle: wilnet.ch