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Das goldene Laub mehrt sich auf dem Boden und muss weg. Hier kommen die Laubbläser zum Zug. Die drei Gemeinden Wil, Flawil und Uzwil setzen die verschmähten Geräte zwar ein, nehmen dabei aber vermehrt Rücksicht auf die Bevölkerung.
Laubbläser sind laut. Sehr laut. In Zahlen ausgedrückt, erreichen sie über 100 Dezibel, was der Lautstärke eines Presslufthammers entspricht. Diesem Lärm möchte man auf der Strasse oder im Park – notabene zu früher oder später Stunde – am liebsten aus dem Weg gehen.
Laut Laubläser-Gegner gibt es aber auch weitere Gründe, warum die Geräte bei der Bevölkerung nicht positiv ankommen. Zum Beispiel der Schmutz, der durch die 300 Stundenkilometer schnellen Luftstösse aufgewirbelt wird. Abgase wie Stickoxid, Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoff zirkulieren dadurch vermehrt in der Luft. Auch werden durch das Wegblasen des Laubs die Nester von Vögeln und der Unterschlupf von kleinen Tieren wie Igeln zerstört. So sind die Geräte nicht nur nervtötend, sondern auch umweltschädlich – und doch werden sie jetzt, wenn die Blätter wieder von den Bäumen fallen, in Wil, Flawil und Uzwil auch diesen Herbst eingesetzt.
«Wenn das Laub einfach so herumliegt, würden die Leute auch reklamieren», sagt Thomas Schibli, der Leiter des Werkhofs Wil. Der Werkhof ist zuständig für den Einsatz der Laubbläser im öffentlichen Raum von Wil. Gebraucht werden sie hauptsächlich im Herbst – und auch dann so wenig wie möglich.
«Wir sind uns bewusst, dass die Leute empfindlich auf die Geräte reagieren», erklärt Schibli. Man habe aus der Vergangenheit gelernt, als es noch des Öfteren Reklamationen gab. Damals habe man vor allem den Einsatz in den Fussgängerzonen kritisiert. Laut Schibli wäge man deshalb genau ab, wann der Laubbläser genutzt wird. «Wir achten darauf, so viel Laub wie möglich per Wischmaschine und Laubaufnahmegerät einzusammeln.»
Zum Einsatz komme der Laubbläser ausserhalb der Ruhezeiten nur dann, wenn es wirklich nötig sei, beispielsweise bei schwierig erreichbaren Stellen oder im Winter nach dem Konfettiregen an der Fasnacht. Dadurch werde enorm viel Aufwand gespart. «Bei ganz grossen Flächen wie Spielplätzen oder Wiesen ist wiederum die Stadtgärtnerei zuständig, welche mit dem Rechen oder Rasenmäher die Blätter entfernen.» Gleichzeitig nimmt der Werkhof nicht nur auf die Uhrzeiten und Einsätze Rücksicht, sondern hat sich auch neues Equipment zugetan. «Früher gab es motorgetriebene Geräte, die extrem laut waren. Jetzt haben wir elektrische Laubbläser, die mit einem kleinen Akku funktionieren und viel weniger Lärmemissionen verursachen», meint Schibli.
Im gleichen Atemzug gibt er zu: «Ich verstehe die Leute. Ich bin auch kein Fan von dem Getöse. Wenn ich jemanden im Garten mit einem solchen Gerät sehe, denke ich mir manchmal, dass für die wenigen Quadratmeter auch der Besen gereicht hätte.»
Auch in Flawil versucht man, das Laub so oft wie möglich mit dem Besen oder Rechen zusammenzutragen. «In gewissen Situationen bräuchten wir aber 20 Leute, die das machen müssten. Da uns diese Ressourcen fehlen, müssen wir die Laubbläser zur Hilfe nehmen», sagt Ernst Anderegg, Leiter des Unterhaltsdienstes Strassen in Flawil. Wie in Wil gilt die Devise: So selten wie möglich und ausserhalb der Ruhezeiten einsetzen. «Wir holen die Laubbläser ausschliesslich im Herbst hervor und auch dann nutzen wir sie lediglich für grosse Flächen.» Die beliebte Alternative ist hierbei jedoch ein spezieller Laubsauger, der mit einer grossen «Nase» die Blätter am Boden aufnimmt. «Das erspart uns einiges an Aufwand.»
Aufwand in der Strassenreinigung betreibt auch die Gemeinde Uzwil. Gleich wie die Nachbarsgemeinden würden die Laubbläser mit äusserster Überlegung eingesetzt, sagt Marcel Huber, Bereichsleiter Infrastruktur in Uzwil. «Ich bin eher ein Fan von unserem Laubsauger. Die Bläser setzen wir darum vor allem bei kleinen Anlagen, beispielsweise an der Schule, ein.»
Von Vorteil dabei sei, dass das Getöse an diesen Gebäuden die Leute weniger störe. «Entweder haben sich die Menschen, die in der Nähe wohnen, an den Lärm, also an Schulglocken, schreiende Kinder und eben das Laubbläsergetöse gewöhnt oder es existieren gar keine Wohnhäuser um die Anlage herum», erklärt Huber. Auch das Uzwiler Bauamt setze Laubbläser ein, doch dies zumeist ausserorts auf Thurwegen.
Die Rücksicht auf die Bevölkerung lohnt sich anscheinend. Bei allen drei Gemeinden sind in letzter Zeit keine Reklamationen bezüglich des Laubbläserlärms eingegangen, erklären sie auf Anfrage. Marcel Huber aus Uzwil versteht jedoch die Unbeliebtheit der Geräte: «Meiner Erfahrungen nach sind es vor allem private Unterhaltsfirmen oder Privatpersonen, die sich für ihren Garten ein solches Gerät besorgen und dann die Nachbarn damit ärgern. Dann kann es tatsächlich zu einem ohrenbetäubenden Problem werden.» Für die Laubbläser gelten eigentlich keine gesetzlichen Einschränkungen, bei der Lautstärke gilt kein Schwellenwert. Höchstens die Ruhezeiten sollten auch von den Privaten berücksichtigt werden.
Bis Dezember – wie jedes Jahr – müssen sich die Laubbläser-Gegner wohl noch gedulden und das laute Getöse und Gestürm nach den Herbststürmen erdulden. Danach haben sie zumindest für die nächsten neun Monate wieder Ruhe.